Gutes Diabetesmanagement schützt die Nieren

Gutes Diabetesmanagement schützt die Nieren

Bei Menschen mit Diabetes, egal ob mit Typ 1, Typ 2 oder Schwangerschaftsdiabetes, sind dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte kennzeichnend für die Erkrankung. Unbehandelt hat das schwerwiegende gesundheitliche Folgen.1 Bei Typ-1-Diabetes liegt zum Beispiel das Risiko, eine chronische Nierenerkrankung zu entwickeln, bei etwa 50%.2 Aber auch bei Menschen mit Typ-2—Diabetes liegt das Risiko bei 20-40%.6 Um diabetesbedingte Komplikationen zu verhindern, sind daher sorgfältig eingestellte Blutzuckerwerte wichtig.

Warum den Blutzucker richtig einstellen?

 Typ-2-Diabetes entwickelt sich häufig erst im Alter. In vielen Fällen ist zunächst noch körpereigenes Insulin vorhanden, wodurch die Erkrankung mit einer Ernährungsanpassung und Änderung im Lebensstil gut kontrollierbar ist. Beim Typ 1 ist das nicht ohne Medikamente möglich. Hier kann der Körper kein eigenes Insulin produzieren, weshalb Betroffene schon zu Beginn der Erkrankung auf das Hormon als Therapiemittel angewiesen sind.

Ohne zugeführtes Insulin bliebe der Blutzuckerspiegel ständig erhöht, während die Zellen den nötigen Nährstoff nicht erhalten. Eine Stoffwechselentgleisung und zunehmende Gewebeschäden und Schäden an den Organen sind die Folge.3,4

Bei der Zuführung von Insulin ist allerdings genau auf die Dosis zu achten. Verabreicht man beispielsweise zu viel Insulin, kann das zu einem plötzlichen Abfall des Blutzuckerspiegels und daraus resultierenden Koma führen.5 Verabreicht man zu wenig Insulin, bleibt der Blutzuckerspiegel zu hoch.

Diabetes: Warum sind die Nieren gefährdet?

 Befindet sich dauerhaft zu viel Zucker im Blut, kann das kleine und große Blutgefäße langfristig schädigen, indem die Gefäßwand zerstört wird.1

Sind kleine Arterien betroffen, hat das negative Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit verschiedener Organe. Dazu gehören unter anderem die Nieren. Sie sind durchzogen von feinen Arterien, die hunderte kleine Filtereinheiten bilden, die Nierenkörperchen (Glomeruli). Die Glomeruli bestehen aus einer Kapsel, in dem sich jeweils ein Gefäßknäuel befindet. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Reinigung des Blutes, denn in den Glomeruli wird das Blut gefiltert und dadurch von Abfall- und Giftstoffen befreit. Wichtige Bestandteile wie Blutzellen und Eiweiße werden nicht abgefiltert und bleiben im Blut.

Die Nierenkörperchen sind außerdem an der Regulation des Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalts beteiligt.6

Eine Schädigung der Gefäßwände im Bereich der Nierenkörperchen hat eine Beeinträchtigung der Filterfunktion der Nieren zur Folge und kann außerdem Stoffwechselentgleisungen hervorrufen. Medizinisch wird dies als diabetische Nephropathie bezeichnet.4,6 Etwa 18 % aller Menschen mit Typ-1-Diabetes sind davon betroffen.4

Wie kommt es zu einer Niereninsuffizienz?

 Schreitet eine diabetische Nephropathie aufgrund eines zu hohen oder unzureichend eingestellten Blutzuckerspiegels fort kann es zu einer Niereninsuffizienz (Nierenversagen) kommen. Eine chronische Niereninsuffizienz (CNI) ist eine ausgeprägte Funktionsstörung der Nieren.7 Eine CNI entwickeln allerdings weniger als zwei Prozent der über 60-jährigen Personen mit Typ-1-Diabetes, bei unter 60-Jährigen ist sie noch seltener.4

Diabetische Nephropathie: Anzeichen erkennen

Eine Schädigung der Nierenkörperchen ist für Betroffene anfangs in der Regel nicht spürbar.7 Erste Anzeichen dafür, dass die Nieren nicht mehr ordnungsgemäß arbeiten, zeigen sich meist erst im fortgeschrittenen Stadium einer Nephropathie oder wenn bereits eine CNI vorliegt. Dazu zählen:6,7

  • Müdigkeit, Schlafstörungen
  • Schwäche
  • Juckreiz
  • Gewichtsverlust
  • Appetitlosigkeit
  • Übelkeit, Erbrechen
  • Wassereinlagerungen (Ödeme) in Beinen, Füßen und um die Augen
  • vermehrter oder verminderter Harndrang

Wie lässt sich das Risiko verringern?

Gutes Blutzuckermanagement

Ein gut eingestellter Blutzucker kann das Risiko für eine diabetische Nephropathie mindern. Die aktuelle Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter empfiehlt daher ein regelmäßiges Screening alle drei Monate durch den behandelnden Arzt oder die behandelnde Ärztin. Hierbei sollte der Langzeitblutzucker (HbA1c) kontrolliert werden.8

Fachleute empfehlen, dass der HbA1c-Wert zwischen 6,5 und 7,5 Prozent liegen sollte, um einer Nephropathie vorzubeugen. Wenn schon Schäden an den mittleren und großen Blutgefäßen vorliegen, sollte der HbA1c eher zwischen 7,0 und 7.5 Prozent liegen.6 Besprechen Sie Ihren individuellen Zielwert am besten immer mit Ihrem Diabetologen oder Ihrer Diabetologin.

Albuminwerte im Blick behalten

Eine sich entwickelnde Nierenerkrankung geht zumeist auch mit einer verstärkten Eiweißausscheidung (Albuminurie) einher. Fachleute empfehlen daher außerdem, regelmäßig die Albuminausscheidung im Urin zu überprüfen.2,8

Regelmäßig Blutdruck messen

Um die Nieren zu schützen, sollten Sie auch Ihren Blutdruck im Blick haben und regelmäßig messen. Denn ein erhöhter Blutdruck ist genau wie ein zu hoher Blutzucker ein Risikofaktor für Nierenschäden. Der Blutdruck sollte am besten nicht höher als 140/80 mmHg sein, um das Risiko für Gefäßschäden zu verringern.6

Personalisiertes Screening

Da das Risiko, eine Nierenerkrankung zu entwickeln, bei jedem sehr unterschiedlich ist, sprechen sich Fachleute für personalisierte Vorsorgepläne aus, die von den vorgesehenen jährlichen Screenings abweichen, um eine Nephropathie schneller entdecken und behandeln zu können.2

Die Empfehlungen sind:2

  • Bei einem Albuminwert von 21-30 mg und einem HbA1C-Wert von 9 % oder höher Kontrolle alle sechs Monate.
  • Bei einem Albuminwert unter oder gleich 10 mg und einem HbA1c-Wert unter oder gleich 8 % könnte ein Screening alle zwei Jahre ausreichend sein.

Wer mit seinen Werten dazwischen liegt, sollte seinen Albuminwert und den HbA1c weiterhin jährlich messen lassen.

Diabetes-Schulungen helfen

Im Rahmen von Schulungen innerhalb eines Disease-Management-Programms (DMP) für Menschen mit Diabetes erfahren Sie alles Wichtige zur Erkrankung und können den Umgang damit lernen.

Im DMP sind auch regelmäßige ärztliche Kontrollen eingeschlossen, bei der die Blutzuckerwerte überprüft werden, um die Therapie bei Bedarf anzupassen. Aber auch andere Gesundheitsparameter wie Blutdruck und Blutfettwerte werden mitkontrolliert, um Anzeichen für mögliche Folgeschäden frühzeitig zu erkennen.9

Selbstmonitoring

 Neben den ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen sollten Sie auch selbst Ihre Blutzuckerwerte im Blick behalten. Das ist unter anderem mit sogenannten CGM-Systemen möglich, die der kontinuierlichen Glukosemessung dienen. Ein Sensor, der am Bauch oder Arm angebracht wird, erfasst den Gewebezuckerwert und übermittelt diesen an ein Empfangsgerät. Nutzende können in Verbindung mit einer speziellen App ihre Zuckerwerte überprüfen und dokumentieren.10

Wer ein CGM-System nicht nutzen möchte, kann mithilfe von Blutzucker-Teststreifen und einem Messgerät seinen Zuckerspiegel überprüfen und die Insulindosierung entsprechend bestimmen.

Den richtigen Umgang mit den Textgeräten lernen Sie in einem DMP.

Tipp: Tragen Sie Ihre Blutzuckerwerte regelmäßig in MyTherapy ein und lassen Sie sich von der App an die nächste Messung erinnern. Die Dokumentation können Sie als PDF herunterladen und zum nächsten Termin in der Diabetespraxis mitbringen.

Durch regelmäßige Messungen können Sie auch akute Entgleisungen wie eine Unter- oder Überzuckerung (Hypo- oder Hyperglykämie) schnell erkennen und rechtzeitig handeln.10

Zusätzlich sollten Betroffene ihre Aktivitäten im Blick behalten, denn diese haben Auswirkungen auf den Blutzuckerwert. Mehr Bewegung steigert den Bedarf an Zucker. Das bedeutet, dass der Zuckerspiegel fällt und die Insulindosis niedriger ausfallen kann.10

Wichtiger Hinweis

Um die hohe Qualität unserer Inhalte sicher zu stellen, wurde dieser Text von unserem Team aus Apothekerinnen und Apothekern geprüft. Die bereitgestellten Inhalte dienen lediglich der Information und ersetzen keine medizinische Beratung oder Behandlung durch einen Arzt oder eine Ärztin. Die Texte sind nicht zur eigenständigen Diagnose und Beginn, Änderung oder Beendigung einer Behandlung von Krankheiten gedacht.

 

Referenzen:

  1. diabinfo Das Diabetesinformationsportal. Diabetes: Folgeerkrankungen. https://www.diabinfo.de/leben/folgeerkrankungen.html Abgerufen: 07.02.2024
  2. Bruce A. et al. Optimal Frequency of Urinary Albumin Screening in Type 1 Diabetes. Diabetes Care 2022;45(12): 2943–2949. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36321737/ Veröffentlicht: Dezember 2022. Abgerufen: 07.02.2024
  3. diabinfo Das Diabetesinformationsportal. Was ist Diabetes Typ 1? Was ist Typ 1 Diabetes? Stand: 24.01.2024, Abgerufen: 07.02.2024
  4. S3-Leitlinie der Deutschen Diabetes Gesellschaft e.V. (DDG): Therapie des Typ-1-Diabetes. AWMF-Registernummer 057-013 (Stand: 02.09.2023) S3-Leitlinie-Therapie-Typ-1-Diabetes_2023 Abgerufen: 07.02.2024
  5. Patient education: Hypoglycemia (low blood glucose) in people with diabetes (Beyond the Basics). hypoglycemia-low-blood-glucose-in-people-with-diabetes-beyond-the-basics Letztes Update 23.08.2023, Abgerufen: 07.02.2024
  6. diabinfo Das Diabetesinformationsportal. Diabetische Nephropathie: Wie sich Diabetes auf die Nieren auswirkt. https://www.diabinfo.de/leben/folgeerkrankungen/nieren.html Stand: 29.04.2021, Abgerufen: 07.02.2024
  7. Mediq Direkt. Chronische Niereninsuffizienz. https://www.mediqdirekt.de/lexikon/chronische-niereninsuffizienz Abgerufen: 07.02.2024
  8. S3-Leitlinie der Deutschen Diabetes Gesellschaft e.V. (DDG): Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Registernummer: 057-016 (Stand: 15.11.2023) S3_Diagnostik-Therapie-Verlaufskontrolle-Diabetes-mellitus-Kinder-Jugendliche_2023 Abgerufen: 07.02.2024
  9. diabinfo Das Diabetesinformationsportal. Schulung bei Diabetes Typ 1. https://www.diabinfo.de/leben/typ-1-diabetes/behandlung/patientenschulung.html Stand: 12.05.2023, Abgerufen: 07.02.2024
  10. diabinfo Das Diabetesinformationsportal. Behandlung. https://www.diabinfo.de/leben/behandlung.html Abgerufen: 07.02.2024

Bildnachweis:

Titelbild: AdobeStock

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