Mit dem Moment, in dem Ihr Kind das Licht der Welt erblickt, startet für seine Augen eine aufregende Zeit. Denn richtiges Sehen ist eine Fähigkeit, die erst noch erlernt werden muss. Die Entwicklung und das Zusammenspiel von Augen und Gehirn sind dabei entscheidend. Um sicherzustellen, dass beim Erlernen der Sehfähigkeit keine Defizite entstehen, empfiehlt es sich, diese durch einen Sehtest für Kinder (Sehscreening) zu kontrollieren. Welches Sehverhalten „normal“ ist, wann ein Sehscreening Kinder vor einer Fehlentwicklung schützen kann und wie dieses funktioniert, erklären wir Ihnen hier.
Entwicklungsstufen des Sehvermögens.
Die folgenden Lernschritte dienen als Orientierung für eine gesunde Entwicklung. Da Kinder sich unterschiedlich schnell entwickeln, kann es jedoch Abweichungen geben. Beobachten Sie Ihr Kind daher genau und treffen Sie im Zweifel Rücksprache mit einem Augenarzt. Frühgeborene müssen zudem anders eingeschätzt und in der Regel früher und häufiger kontrolliert werden.
Monat 1-3: Das Kind nimmt Lichtquellen wahr, kann Blickkontakt aufnehmen und erkennt beispielsweise ein Mobile.
Monat 4-6: Das Kind greift nach interessanten Dingen, kann einzelne Objekte und Gesichter erkennen und nimmt Bewegungen beidäugig wahr.
Monat 7-10: Das Kind unterscheidet bekannte von fremden Gesichtern, nimmt Blickkontakt über kurze Entfernungen auf und beginnt sich für Bilder zu interessieren.
Monat 11-12: Das Kind erkennt Bilder wieder, nimmt Spielzeug genauer unter die Lupe und erfreut sich an Mimik.
Monat 18: Das Kind verbessert seine Feinmotorik, erkennt Personen die weiter weg stehen, sowie Gegenstände auf Bildern.
Monat 24: Das Kind beherrscht eine präzise Auge-Hand-Koordination (Umblättern einzelner Seiten, Stapeln von Bauklötzen), hat ein gutes visuelles Gedächtnis und ordnet Dinge entsprechenden Bildern zu.
Monat 36: Das Kind erkennt das komplette Farbspektrum, lernt durch Beobachtung und Nachahmen, löst Sortieraufgaben und erkennt Orte wieder.
Monat 48: Das Kind kann Details zu einem Ganzen zuordnen und Einzelheiten getrennt wahrnehmen, Objekte vom Hintergrund unterscheiden (Figur-Grund-Wahrnehmung) und hat alle Fähigkeiten, um Lesen und das Malen von Gegenständen zu lernen.
Jahr 3-6: Das Kind beginnt räumliches Denken zu entwickeln.
Sehscreening für Babys als Vorsorgeuntersuchung
Sehschwächen treten bei Kleinkindern im Regelfall im Laufe des dritten bis vierten Monats auf. Daher wird es allgemein als sinnvoll erachtet, im Laufe der U-Untersuchungen auch einen Sehtest durchzuführen. Dieser wird nicht von jeder Krankenkasse übernommen, er kostet jedoch überschaubare 30-50€. Kinder mit erblicher Vorbelastung – deren Eltern beispielsweise beide eine Brille tragen müssen – bekommen die Kosten jedoch erstattet.
Amblyopie frühzeitig erkennen
Das Hauptaugenmerk des Sehscreenings für Kinder liegt auf der frühzeitigen Erkennung einer Sehschwäche (auch Amblyopie genannt). Diese kann durch Schielen, Fehlsichtigkeit, ein hängendes Lid (Ptosis) oder eine Trübung des Auges (Grauer Star) hervorgerufen werden. Die Folge sind unerwünschte Anpassungen eines gesunden Auges an ein ungesundes, sowie „Bildkorrekturen“ durch das Gehirn, bei denen es Informationen – beispielsweise zur Doppelbildvermeidung bei Schielen – ignoriert oder nicht wie gewünscht verarbeitet.
Werden entsprechende Ursachen frühzeitig erkannt und behandelt, können Spätfolgen in den meisten Fällen verhindert werden. Es gilt: Je früher eine Amblyopie festgestellt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für einen Behandlungserfolg.
Sehscreening baby-leicht durchführen
Glücklicherweise ist ein Sehscreening für Kinder und sogar für Babys heute unkompliziert und sogar kontaktlos möglich. Sie müssen dabei lediglich für ein paar Sekunden in eine spezielle Kamera schauen, den Pupillenabstand und -durchmesser, sowie kleinere Schielwinkel und Sehfehler erfassen. Die Auswertung geschieht dabei komplett computergesteuert – die Bewertung sollte jedoch von einem Augenarzt vorgenommen werden, der die Ergebnisse entsprechend individuell in einen Zusammenhang setzen kann.
Seltene, ungeklärte Ursachen
In Einzelfällen kann es vorkommen, dass Kinder angeben, plötzlich schlechter zu sehen als zuvor. Wenn nach einer augenärztlichen Untersuchung kein Befund festgestellt wurde, kann es auf eine seelisch-psychische Ursache hindeuten. Sprechen Sie in diesem Fall mit Ihrem Kind und versuchen Sie herauszufinden, ob es sich dabei um Schulstress, soziale Konflikte oder andere Ursachen handeln kann. Tritt das Problem verstärkt auf, wenn das Kind an der Tafel und dadurch unter Druck steht? Wünscht es sich insgeheim mehr Aufmerksamkeit der Eltern? Derartige Umstände können Gründe für eine spontane Verschlechterung sein, die aus augenärztlicher Sicht nicht zu begründen ist. Sollten Sie in einer solchen Situation alleine nicht weiterkommen, können Sie gemeinsam mit einem Kinderpsychologen oder einer -psychologin auf Ursachenforschung gehen.
Fazit
Generell sollten Sie das Sehverhalten Ihres Kindes in jeder Entwicklungsphase im Auge behalten. Schon im 3.-4. Lebensmonat kann ein Sehtest Kleinkinder vor einer späteren Amblyopie schützen. Die Untersuchung ist heutzutage sehr kinderfreundlich, kostengünstig und wird im Besten Fall sogar von Ihrer Krankenkasse übernommen.
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