Patientenauskunft in der digitalen ärztlichen Beratung

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Zusammenfassung
Die Nutzung von E-Health und ihren verschiedenen Gesundheitsinformationstechnologien wie Health-Apps hat in den letzten Jahren zugenommen. Auch Gesundheitsportale medizinischer Institutionen werden rege genutzt, um sich über verschiedene Symptome oder Erkrankungen zu informieren. Die fortlaufende Digitalisierung im Gesundheitswesen ermöglicht zudem mehr Formen der Telemedizin wie die Nutzung von Online-Arztportalen. Auf diesen ist es möglich, bei Beschwerden unter anderem per Chat ärztlichen Rat zu erhalten. Eine Studie legt nun nahe, dass hier die anonyme Kommunikation zwischen medizinischer Fachkraft und Ratsuchenden die Arzt-Patienten-Beziehung womöglich positiv beeinflusst. Warum das so sein könnte, lesen Sie hier.
Patienteninformationsseiten, wie sie Gesundheitsportale bereitstellen, klären umfangreich und verständlich über Symptome, Erkrankungen, Diagnose- und Therapiemethoden auf. Dadurch bieten sie Menschen die Gelegenheit, sich bei Beschwerden selbst über mögliche Erkrankungen oder nach einer Diagnose über mögliche Therapien zu informieren. Betroffene können sich so auf das Gespräch in der medizinischen Praxis besser vorbereiten und damit mündiger und selbstverantwortlicher auftreten. Dazu tragen auch verschiedene E-Health-Apps bei. Apps, mit denen sich der Blutdruck oder Blutzucker täglich messen, aufzeichnen und speichern lassen, bilden eine gute Basis für das ärztliche Gespräch, wenn beispielsweise trotz Behandlung Symptome auftreten.
Telemedizin: Vorteile und Herausforderungen
Ein wichtiger Teil von E-Health ist die Telemedizin, die unterschiedliche Formen hat. Zur synchronen Telemedizin zählen die klassischen Telefonate, die Videosprechstunden oder Live-Chats – also jede Kommunikation, bei der beide Parteien gleichzeitig am Gespräch aktiv teilnehmen. Zur asynchronen Telemedizin wiederum zählt beispielsweise die Kommunikation über E-Mail. Die ärztliche Rückmeldung erfolgt dann zeitversetzt.
Beide Formen der Telemedizin werden von manchen ärztlichen Praxen und Online-Ärzteportalen angeboten. Online-Ärztinnen und Ärzte haben dabei den Vorteil, dass sie diesen Service unabhängig von Praxisöffnungszeiten anbieten und damit auch an Wochenenden erreichbar sind. Alles, was für den ärztlichen Rat über das Internet notwendig ist, ist ein mit dem Internet verbundenes Endgerät. Verglichen mit dem Besuch in der Praxis bietet die Telemedizin damit eine schnellere und flächendeckendere medizinische Versorgung. Denn so erhalten auch Menschen in ländlichen Gegenden, wo es nur wenige haus- und fachärztliche Praxen gibt, ohne lange Anfahrtswege schnell medizinischen Rat. Das gleiche gilt auch für Menschen mit wenig Zeit oder wenn das Haus nicht ohne Hilfe und damit verbundenen organisatorischen Aufwand verlassen werden kann.
Gleichzeitig stellt sie alle an der Kommunikation beteiligten Personen durch die räumliche Entfernung vor besondere Herausforderungen: Da so gängige Untersuchungsmethoden wie das Abtasten nicht möglich sind, ist für eine sorgfältige Ferndiagnose eine ausführliche Auskunft seitens der Patienten besonders wichtig. Natürlich sind auch nicht alle Beschwerden online behandelbar, manche aber umso besser, wie z.B. auch Psychotherapien, Vorgespräche mit Hebamme oder Zahnarzt.
Detaillierte Patientenauskunft: warum so wichtig?
Ob persönlich in der Praxis oder Online – ein ausführliches Arzt-Patient-Gespräch ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung. Dem Gespräch folgt in der Regel eine körperliche Untersuchung – da diese bei der Online-Unterhaltung nicht durchführbar ist, ist es besonders wichtig, dass Ratsuchende ihre Beschwerden detailliert beschreiben. Zu dieser Patientenauskunft gehören Informationen darüber, wie lange die Beschwerden bereits bestehen, wo und wie sie sich äußern und ob sie von weiteren Symptomen wie Fieber oder Erschöpfung begleitet werden. Es ist dabei ratsam, auch unangenehme Symptome anzusprechen. Dazu zählen neu aufgetretene Körpergerüche wie Mundgeruch ebenso wie die veränderte Form und Farbe beziehungsweise der Geruch von Stuhl oder Urin. Es ist außerdem wichtig, eventuelle Sorgen zu äußern, die den veränderten Gesundheitszustand betreffen.
Diese Beschwerden von Angesicht zu Angesicht zu äußern, ist vielen Menschen unangenehm – auch Ärztinnen und Ärzten kann es unangenehm sein, nachzuhaken. Doch Beschwerden und Sorgen zu verschweigen, kann gesundheitliche Folgen haben. Aus der Sozialpsychologie ist das Phänomen bekannt, dass Menschen mehr private Informationen von sich preisgeben, wenn der Austausch anonym erfolgt – so beispielsweise in Onlineforen oder Chats. Wie sich dieses Phänomen auf die Beziehung zwischen Online-Ärztin oder -Arzt und Patient auswirken könnte, wurde in einer Studie untersucht.
Vertrauensbildung durch digitale Patientenauskunft
Erste wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass sich Patienten bei der textbasierten Patientenauskunft mehr offenbaren und dass dies das Vertrauen in der Arzt-Patient-Beziehung positiv beeinflussen könnte. So fiel auf, dass Ärztinnen und Ärzte umso stärker auf die Bedürfnisse der Menschen eingingen und sie mit weiteren Informationen zu beispielsweise pflegerischen Unterstützungs- oder Reha-Angeboten versorgten, je offener die Erkrankten online über die eigenen Beschwerden und Sorgen berichteten. Dies wiederum stärkte das Vertrauen der Ratsuchenden in die medizinische Fachkraft, die anonym ähnlich große Fürsorge wie in einer Praxis zeigte.
Hilfreich für eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung ist zudem das schrumpfende medizinische Informationsgefälle zwischen medizinischer Fachkraft und den Patientinnen oder Patienten , die durch auf Gesundheitsportalen zugängliche medizinische Inhalte bereits informiert sind. Dies ermöglicht eine verstärkte partizipative, also gemeinsame, Entscheidungsfindung hinsichtlich der Behandlung. Erkrankte sind so in der Lage, der medizinischen Fachkraft mitzuteilen, welche Behandlung oder Medikamente sie für sich ausschließen oder eventuell ausprobieren möchten. Welche Behandlung am sinnvollsten erscheint, lässt sich im vertrauensvollen Gespräch und nach ärztlicher Abwägung festlegen. Dieser aktive Einfluss auf die eigene Behandlungsstrategie könnte die Adhärenz , also die Therapietreue, steigern.
Fazit
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Digitalisierung des Gesundheitssystems auf viele Bereiche einen positiven Effekt hat, wie auch auf die Arzt-Patient-Beziehung. Die zunehmenden digitalen Angebote in der Gesundheitsversorgung ermöglichen eine einfachere und schnellere Kommunikation mit den ärztlichen Fachkräften, insbesondere in schwierigen gesundheitlichen Situationen. Erste Studien konnten zeigen, dass es vielen Menschen leichter fällt, online frei über ihre Beschwerden zu sprechen. Je detaillierter die Patientenauskunft dabei ist, desto besser können sich Online-Ärztinnen oder -Ärzte ein Bild über die Erkrankung machen. Noch steckt die Digitalisierung in der Gesundheitsbranche in den Kinderschuhen, weshalb abzuwarten ist, inwieweit sie sich in den verschiedenen Bereichen positiv auswirken wird.
Veröffentlicht am: 06.02.2024
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Quellen
[1] Liu J et al. “Patients' Self-Disclosure Positively Influences the Establishment of Patients' Trust in Physicians: An Empirical Study of Computer-Mediated Communication in an Online Health Community.” Frontiers in public health vol. 10 823692. 25 Jan. 2022 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8821150/
[2] aerzteblatt.de. Arzt-Patienten-Beziehung: Im digitalen Zeitalter grundlegend verändert. https://www.aerzteblatt.de/archiv/172722/Arzt-Patienten-Beziehung-Im-digitalen-Zeitalter-grundlegend-veraendert
[3] doctors today. Arzt-Patienten-Beziehung im Wandel. https://www.doctors.today/a/digitalisierung-arzt-patienten-beziehung-im-wandel-2444952
[4] praktisch Arzt. Arzt-Patienten-Beziehung: Chancen und Folgen durch Digitalisierung. https://www.praktischarzt.de/magazin/digitalisierung-und-die-arzt-patienten-beziehung/
[5] ZAVA. Ihre Online-Arztpraxis.
[6] AMBOSS.de. Arzt-Patient-Beziehung. Stand 24.06.2022. https://www.amboss.com/de/wissen/Arzt-Patient-Beziehung/