Apps auf Rezept

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Zusammenfassung
Große Aufmerksamkeit erhalten derzeit die sogenannten Health-Apps, mobile Anwendungen zur Gesundheitsförderung. Viele junge und auch ältere Menschen nutzen bereits Termin- und Fitness-Apps. Sie sind die kleinen Helfer, die nicht nur bei der Planung des Alltags unterstützen, sondern auch zu mehr Bewegung und gesunder Ernährung anregen. Einige Gesundheits-Apps können Sie nachweislich bei ersthaften Erkrankungen unterstützen und werden daher sogar ärztlich verschrieben.
Menschen jeden Alters können ernsthaft erkranken. Zusätzlich zur ärztlichen Abklärung und Behandlung gibt es bei körperlichen oder psychischen Beschwerden Hilfe in Form von Health-Apps. Sie können beispielsweise den Alltag mit der Erkrankung erleichtern und die Betroffenen sowie die Behandelnden in der Therapie unterstützen.
Was sind medizinische Apps?
Neben den Alltagshelfern und Fitness-Apps werden immer mehr mobile Anwendungen wie medizinische Gesundheits-Apps entwickelt, die Gesundheitsdaten erfassen und auswerten. Sie unterstützen Menschen vor allem darin, ihre Gesundheit im Blick zu behalten und fördern die Adhärenz. Das bedeutet, sie stärken und motivieren betroffene Personen darin, Therapien wahrzunehmen und abzuschließen. Sie können auch nach einer abgeschlossenen Behandlung weiterhin genutzt werden und dabei helfen, Körper und Geist gesund und fit zu halten.
Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten nutzen immer häufiger digitale Gesundheitsanwendungen, kurz DiGA. Laut dem Digitalen Versorgungs-Gesetz (DVG) können sie seit 2020 bei ausreichender medizinischer Relevanz auf Rezept verschrieben werden. Die Krankenkassen übernehmen dann auch die anfallenden Kosten. Die erstattungsfähigen Apps sind im DIGA-Verzeichnis aufgeführt, welches durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bereitgestellt und vierteljährlich aktualisiert wird.
Hierzu zählen neben Medikamenten-Erinnerungs-Apps auch das digitale Tagebuch für Diabetiker und weitere Apps, die zum Beispiel helfen können bei der Therapie von
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
- Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus oder Adipositas,
- Krebs,
- Chronischen Schmerzen (z.B. Rückenschmerzen),
- Nervenerkrankungen (wie Multiple Sklerose, Migräne)
- Hörschäden (Tinnitus),
- psychischen Erkrankungen (z.B. Depressionen) oder
- Knochen- und Gelenkerkrankungen.
Verschiedene Erkrankungen, verschiedene Apps auf Rezept
Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder neurologischen Schäden ist ein frühzeitiges Erkennen von Warnsignalen wie ein hoher Blutdruck oder Puls sowie Vorhofflimmern enorm wichtig. Das sind Anzeichen, die unter Umständen auf eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes hindeuten. Hierbei können mobile Endgeräte in Verbindung mit Apps wie Move ECG, Kardia und CardioSecur Active helfen. Sie erfassen zumeist über die Kamera oder über weitere Funktionen der Smartwatch den Puls oder Blutdruck. Außerdem kann zum Beispiel über Elektroden ein Elektrokardiogramm (EKG), also der Herzrhythmus und die Herzfrequenz gemessen werden. Medizinische Fachkräfte sehen in dieser Methode jedoch noch Verbesserungsbedarf, da die Messungen teilweise noch ungenau sind und der tatsächliche medizinische Nutzen noch nicht für alle verfügbaren Apps vollständig erwiesen ist.
Nur bei ausreichenden Belegen für die Wirkung einer App-Nutzung auf die Erkrankung, kann diese durch das BfArM in das DIGA-Verzeichnis aufgenommen und ärztlich verschrieben werden. Bei vorläufig zugelassenen Apps müssen die Hersteller noch Studienergebnisse nachreichen, andere Apps werden aufgrund vollständiger Studienlage direkt als dauerhaft aufgenommen kategorisiert. Im Bereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind derzeit die Apps actensio, ProHerz und Vantis vorläufig als DIGA zugelassen:
- actensio kann bei Bluthochdruck verschrieben werden und legt ihren Fokus auf die Optimierung der drei Lebenstilfaktoren Ernährung, Bewegung und Stressmanagement.
- ProHerz findet Anwendung in der Therapiebegleitung von Menschen mit einer Herzinsuffizienz. Hier geht es vor allem um die Unterstützung der Betroffenen im Selbstmanagement und das frühzeitige Erkennen von Verschlechterungen, um Notfallsituationen möglichst zu verhindern.
- Vantis /KHK und Herzinfarkt können Personen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) oder durchgemachtem Herzinfarkt auf Rezept erhalten. Die App unterstützt bei der Blutdruckmessung und medikamentösen Therapie. Zudem liefert sie individuelle Ernährungs- und Bewegungsprogramme sowie Tipps zur erfolgreichen Regeneration.
Neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose (MS) sind sehr verbreitet. Auch hier gibt es Apps auf Rezept, die bei der Therapie und Nachsorge unterstützen können. Als Beispiel ist hier die dauerhaft als DIGA aufgenommene App elevida. Sie soll vor allem MS-Erkrankten mit gleichzeitig vorliegendem Fatigue-Syndrom – einer krankhaften Schwäche, die oft als Symptom bei chronischen, entzündlichen Erkrankungen auftritt - helfen. Hier kommen vor allem Elemente der kognitiven Verhaltenstherapie (KVT) in Eigenanwendung zum Einsatz.
Die App Kalmeda ist besonders für Menschen mit chronischer Tinnitusbelastung interessant. Sie erfasst nicht die eigentliche Hörleistung, sondern unterstützt die Nutzenden im Umgang mit der Erkrankung. Integrierte Entspannungsübungen helfen, Stress zu reduzieren, was die Tinnitusbelastung reduzieren kann. Eine weitere dauerhaft aufgenommene Anwendung ist Meine Tinnitus App. Sie kann als Erstversorgung nach der ärztlichen Beratung eingesetzt werden und bietet neben der Aufklärung über die Erkrankung viele Übungen sowie abgestimmte Multimedia-Inhalten zur Verringerung der Tinnitus-Belastung.
Daneben gibt es DIGA-verzeichnete Apps mit Funktionen, die die Therapie von Menschen mit Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) oder an Fettleibigkeit (Adipositas) Erkrankte mit gesundheitsfördernden Übungen unterstützen können. So geben zum Beispiel die Apps Oviva Direkt (für Adipositas) und zanadio Adipositas-Betroffenen hilfreiche Anleitungen in den Bereichen Ernährung und Bewegung. Zum Thema Diabetes ist zum Beispiel die App HelloBetter (Diabetes und Depression) zu nennen.
Auch bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen können Apps helfen, die Symptome zu lindern und mit der Krankheit besser umzugehen. Dazu gehören im DIGA-Verzeichnis die Apps deprexis und edupression.com®, die vor allem psychotherapeutische Ansätze wie die KVT verfolgen, durch Psychoedukation über die Erkrankung aufklären und mittels Übungen mit Wochenzielen zur Selbsthilfe anregen.
Apps auf Rezept – eine Alternative zum Arztbesuch?

Bei all der Auswahl an angebotenen Gesundheits-Apps auf Rezept ersetzt keine davon den persönlichen Besuch bei Ärztin oder Arzt. Medizinische Apps dienen nicht der Erstdiagnose einer Erkrankung, sondern unterstützen vor allem die Therapie bei einer bestehenden Erkrankung. Treten gesundheitliche Probleme auf oder machen sich Anzeichen für eine Erkrankung bemerkbar – auch bei Meldung in einer App – sollte immer eine Arztpraxis aufgesucht werden. Senioren lassen sich möglichst bei der Wahl einer Fitness- oder Gesundheits-App ärztlich beraten. Wichtig ist außerdem, dass die medizinische App mit einem CE-Zeichen gekennzeichnet ist. Grundsätzlich können Apps auf Rezept Therapieerfolge steigern und die Nutzenden selber aktiver im Umgang mit ihrer Erkrankung werden lassen.
Fazit
Apps auf Rezept können bei verschiedenen körperlichen und psychischen Erkrankungen eine gute Unterstützung der ärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlung sein. Sie geben Anleitung zur aktiven Selbsthilfe und sind immer verfügbar. Dennoch ersetzen sie nicht das persönliche Gespräch und sind aufgrund der technischen Anforderungen eventuell nicht für jede Person ohne weiteres geeignet. Um sicherzugehen, dass der medizinische Nutzen einer App ausreichend wissenschaftlich belegt ist, sollten Interessierte das jeweils aktuelle DIGA-Verzeichnis prüfen.
Veröffentlicht am: 21.03.2022
Letzte Aktualisierung: 09.04.2024
Letzte Aktualisierung
Quellen
[1] Ärzteblatt: In der Pandemie nutzen mehr Senioren Gesundheitsapps. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/116687/In-der-Pandemie-nutzen-mehr-Senioren-Gesundheitsapps
[2] Malteser: Apps für Seniorinnen und Senioren: Alltagshelfer auf dem Smartphone. https://www.malteser.de/dabei/aktivitaet-teilhabe/apps-fuer-senioren-alltagshelfer-fuers-smartphone.html#c677409
[3] Friedl T, Floerecke S, Lehner F.: Mobile Anwendungen zur Gesundheitsförderung von Senioren − Eine Untersuchung des aktuellen App-Angebots. 2015; eHealth Mobility Journal. 3:128-131.
[4] Verbraucherzentrale: Gesundheits-Apps: medizinische Anwendungen auf Rezept. https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/aerzte-und-kliniken/gesundheitsapps-medizinische-anwendungen-auf-rezept-41241
[5] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: DiGA-Verzeichnis. https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis
[6] Krankenkassen Deutschland: Krankenkassen-Apps für Fitness, Gesundheit und Therapie. https://www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/leistungen-gesetzliche-krankenkassen/apps/
[7] Deutsche Gesellschaft für ME/CFS e.V.: Fatigue. https://www.mecfs.de/was-ist-me-cfs/fatigue/