Hautkrebsvorsorge mit Apps – wie sie funktionieren, was sie taugen und kosten

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Zusammenfassung
Künstliche Intelligenz in den unterschiedlichen Formen könnte Dermatologen nicht nur die Diagnose von Hautkrebs erleichtern, sondern ebenfalls dabei unterstützen, die Behandlung Betroffener zu priorisieren. Auch Smartphone-Apps können für eine erste Einschätzung dienlich sein. Anfang 2023 testete die Stiftung Warentest verschiedene Hautkrebs Apps, die es möglich machen sollen, Leberflecken online zu checken und Hautkrebs zu erkennen.
Der Markt für (medizinische) Apps wächst stetig, so auch jener zur Erkennung von Hautkrebs. Hier sollen die digitalen Helfer die Nutzer von Hautkrebs Apps vor allem in den Bereichen Vorbeugung und Gesundheitsförderung unterstützen.
So versprechen 17 getestete Hautscreening-Apps (auch Skin Screener Apps) harmlose Hautveränderungen wie Altersflecken, Sommersprossen oder auch Erkrankungen wie Schuppenflechte (Psoriasis) von Hautkrebs unterscheiden zu können. Zwei von diesen Apps sind sogar darauf spezialisiert, Hautkrebs zu erkennen. Diese arbeiten mit Algorithmen, die auf die Unterscheidung von Leberflecken und schwarzem Hautkrebs trainiert sind. Bei den anderen Apps beurteilen Hautärzte die Fotos.
Die Hautkrebs Apps zur Früherkennung sollen wertvolle Zeit sparen, die bei der Suche nach einem Hautarzt oder das Warten auf einen Termin vergeht, und als immer erreichbarer Online-Hautarzt wahrgenommen werden. Diese Versprechungen von acht Hautkrebs-Check-Apps für Android und neun von iOS wurden im Januar 2023 von der Stiftung Warentest auf Herz und Nieren geprüft. Von diesen Apps ist nur eine nicht mit Kosten verbunden. Die Kosten in den anderen Apps reichen von 20 bis 25 Euro pro Hautstelle, die begutachtet wird. In der Regel zahlen Krankenkassen diese Kosten nicht.
Geht ein Betroffener jedoch zum Arzt, um Muttermale und Leberflecken überprüfen zu lassen, so zahlt die gesetzliche Krankenkasse alle zwei Jahre für dieses Hautkrebs-Screening (für Personen ab 35 Jahren). Die Ärztin oder der Arzt geht dann den ganzen Körper systematisch ab und überprüft alle Stellen – auch die, die der Patient vielleicht selber gar nicht gesehen hätte.
Hautscreening-Apps – wie funktionieren sie?
Die Handhabung ist bei allen Hautkrebsvorsoge Apps die gleiche und basiert auf Fotos, die mit dem Smartphone erstellt werden. Dabei ist es wichtig, dass nicht die Frontkamera, die in Regel für Selfies genutzt wird, zum Einsatz kommt, sondern die auf der Rückseite des Geräts. Wenn nötig, kann es sinnvoll sein, den automatischen Blitz zu aktivieren, um die betroffene Hautstelle ausreichend zu beleuchten.
Da die Diagnose entweder durch einen Algorithmus oder durch ein Ärzteteam im Hintergrund gestellt wird, ist zusätzlich ein Formular mit weiteren Informationen zu den Hautveränderungen auszufüllen. Beurteilen Hautärzte die betroffene Hautstelle, vergeht ein Zeitraum von sechs Stunden bis zwei Tagen, bis die Anwender ein Ergebnis erhalten. Schneller geht dies bei den Apps, hinter denen ein trainierter Algorithmus, also eine künstliche Intelligenz (KI), das hochgeladene Bild mit denen aus der Datenbank abgleicht – oft erreicht die Diagnose den Nutzer innerhalb von Sekunden. Die einzige kostenfreie App hingegen liefert nur eine Liste möglicher Befunde.
Arzt- und algorithmusbasierte Hautscreening-Apps: Qualitätsunterschiede!
Auch wenn es reizvoll klingt, Hautkrebs mit dem Handy zu erkennen: Das Urteil der App-Tester ist eindeutig. Einen Hautarzt ersetzen sie in keinem Fall, vor allem, weil jeder siebte Hautkrebs von den Apps nicht erkannt wurde. Damit könnten sie den Nutzern in falscher Sicherheit wiegen. Einige Apps erhielten eine gute Testnote, aber empfohlen wurde nur die App Online-Hautarzt Appdoc für beide Betriebssysteme.
Dieses Ergebnis wurde auch wissenschaftlich bestätigt. Mit dieser App könnten sich tatsächlich die Herausforderungen wie lange Wartezeiten und Anfahrten, die durch den Fachärztemangel in der Dermatologie entstehen, abpuffern. Damit könnte sie eine gute Ergänzung zur Videosprechstunde darstellen. Dies schließt einen eventuellen Arztbesuch dennoch nicht aus.
Künstliche Intelligenz bei der Hautkrebsdiagnose
Künstliche Intelligenz wie die Hautkrebs App hat nicht nur Vorteile für Menschen, die beispielsweise ländlich wohnen und damit lange Anfahrtswege zu einem Dermatologen hätten. Auch im klinischen oder dem Praxisalltag könnte sie sich als sinnvolle und effektive Unterstützung erweisen, so eine Studie aus dem Jahr 2019. Dafür entwickelten Wissenschaftler einen Algorithmus, den sie mit über 10.000 Bildern trainierten, die gesicherten schwarzen Hautkrebs oder untypische Leberflecke darstellten.
Um zu prüfen, wie effektiv und sicher dieser Algorithmus ist, traten 157 Dermatologen gegen diesen an. Beurteilt werden sollten 20 gesicherte Hautkrebsdiagnosen und 80 gutartige Leberflecke. Das Ergebnis: Unabhängig von der Berufserfahrung konnten lediglich sieben Dermatologen eine präzisere Diagnose abgeben als die KI.
Ähnlich effektiv unterstützt eine in Portugal entwickelte künstliche Intelligenz, die bereits im praktischen Alltag angewendet wird. In der Hautarztpraxis nach bestimmten Vorgaben angefertigte Bilder verdächtiger Veränderungen werden an die dermatologische Abteilung eines Krankenhauses weitergeleitet. Dort werden sie einer KI präsentiert, die sie mit den Daten anderer Erkrankter vergleicht und das Risiko einschätzt. Mit dieser Form der Telemedizin ist es dem Dermatologen in der Praxis möglich, bei Zweifel Termine priorisiert zu vergeben, um noch eine Hautprobe zu entnehmen und diese feingeweblich zu untersuchen.
Fazit
Ob als App oder als Software im klinischen Bereich, die künstliche Intelligenz kann die Arbeit von Dermatologen nicht nur sicherer machen, sie erlaubt es auch, Termine priorisiert zu vergeben. Damit ist es möglich, Diagnosen frühzeitiger zu stellen und betroffenen Menschen schneller die notwendige Versorgung zugänglich zu machen.
Veröffentlicht am: 04.09.2024
Quellen
[1] Sondermann, W., von Kalle, C., Utikal, J.S. et al. Externe wissenschaftliche Evaluation der ersten Teledermatologie-App ohne direkten Patientenkontakt in Deutschland („Online Hautarzt – AppDoc“). Hautarzt 2020;71:887–897.. https://doi.org/10.1007/s00105-020-04660-w
[2] Pressemitteilung der Fraunhofer Gesellschaft vom 01.02 2022. Teledermatologie gegen Hautkrebs – Smartphone-App und KI Softwarebeschleunigen Erkennung von Hautkrebs.
[3] Brinker, TJ. et al. Deep learning outperformed 136 of 157 dermatologists in a head-to-head dermoscopic melanoma image classification task. EJC. 2019;113:47-54. https://www.ejcancer.com/action/showPdf?pii=S0959-8049%2819%2930221-7