Migräne App – wie sie Schmerztage verringern kann

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Migräne App als digitaler Helfer
Bei Migräne handelt es sich mit fast 18 Millionen Betroffenen um die am meisten verbreitete neurologische Erkrankung in Deutschland. Menschen mit häufigen Migräneattacken haben oft eine deutlich niedrige Lebensqualität und sind in vielen Bereichen eingeschränkt. Neben medikamentösen, psychologischen oder Sport-Therapien kann eine App, wie die von der Schmerzklinik Kiel entwickelte Migräne App, betroffenen Menschen helfen, die Anzahl der Attacken sowie die Medikamentenmenge zu verringern.
Die Veranlagung für Migräne wird vererbt, aber inwieweit sie bei den einzelnen Menschen wirklich auftritt, ist sehr unterschiedlich. Einige haben schon als Kind die ersten Kopfschmerzattacken, bei anderen treten sie erst viel später auf. Es gibt außerdem individuelle Auslöser (auch Trigger genannt), die Migräneanfälle hervorrufen können. Dazu gehören beispielsweise bestimmte Klimabedingungen, plötzlicher Stress, hormonelle Veränderungen, aber auch das Auslassen von Mahlzeiten oder Veränderungen des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Auslöser sind streng zu trennen von der eigentlichen Ursache, einem übererregbaren Nervensystem, das ständig unter Hochspannung steht.
Hinzu kommt, dass sich die zahlreichen Migräne-Symptome von Person zu Person sehr stark unterscheiden können. Der Anfall teilt sich in mehrere Phasen und kann im schlimmsten Fall tagelang dauern. Es gibt einige Akutmedikamente, die bei rechtzeitiger Einnahme schnell helfen können. Aber nicht jedes Mittel wirkt bei jedem Migräniker. Außerdem kann sich die Dosierung unterscheiden. Bei Menschen mit chronischer Migräne kommen oft Medikamente zur Vorbeugung der Attacken zum Einsatz. Auch hier gibt es viele verschiedene Therapien, die unterschiedlich gut oder schlecht anschlagen und mitunter starke Nebenwirkungen aufweisen.
Die Migräne App berücksichtigt genau diese Komplexität der Erkrankung und der Behandlungsmöglichkeiten. Sie soll Menschen helfen, besser mit der Migräne umzugehen, die Symptome genauer einzuschätzen und durch bestimmtes Verhalten die Schmerzattacken zu reduzieren oder abzumildern.
Migräne App – wie funktioniert sie?
Verschiedene Anbieter haben speziell auf Migräne spezialisierte Apps entwickelt. Sie unterscheiden sich stark von normalen Kopfschmerztagebuch-Apps, da sie viele Zusatzfunktionen aufweisen. Die beliebtesten Migräne Apps sind zurzeit die „Migräne-App“ der Schmerzklinik Kiel, die in Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse entwickelt wurde, sowie die App „Migraine Buddy“ der Firma Healint.
Die Migräne App steht kostenlos zur Verfügung und ist einfach zu bedienen. Die Kopfschmerzdaten werden unkompliziert über die Schnelleingabe in das Migräne-Tagebuch eingetragen. Dazu gehören folgende Informationen:
- Datum, Dauer
- Kopfschmerztyp und Intensität
- Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Aura
- Name der eingenommenen Medikamente
- Beeinträchtigungen im Alltag
Die App wertet die eingegebenen Parameter aus und zeigt in der Übersicht beispielsweise die Schmerzhäufigkeit pro Monat, die Anzahl der Akutbehandlungen und die Wirksamkeit der Medikamente an. Weitere Funktionen sind:
- Erinnerung an die Einnahme von vorbeugender Medikation
- Warnung bei Überschreiten der Höchstanzahl von Tagen mit Akutmedikamenten (≥ 10 Tage)
- Selbsthilfemaßnahmen wie Muskelentspannungs-Programme für Erwachsene und Kinder; Erinnerungsfunktion einschaltbar
- Schnelltest, mit dem es möglich ist, die Kopfschmerzart zu unterscheiden (Migräne, Spannungskopfschmerz, Medikamentenübergebrauch-Kopfschmerz, Cluster-Kopfschmerz)
- Link zur Schmerzklinik Kiel mit ausführlichen Migräne-Infos
- Live-Chat (täglich) mit einem Experten der Klinik
- Expertensuche über Karte
- Links zu speziellen Headbook (das soziale Netzwerk für Kopfschmerz-Betroffene gegründet durch die Schmerzklinik Kiel)- und Facebook-Gruppen zum Austausch mit anderen Betroffenen (z.B. in Selbsthilfegruppen)
- GdBK-Score zeigt den Grad der Behinderung im Alltag durch Kopfschmerzen an
Die Übersicht über den Gebrauch von Akutmedikamenten ist sehr wichtig, da bei einem Übergebrauch, also einer Einnahme an zehn oder mehr Tagen pro Monat, Kopfschmerzen durch die Arzneimittel entstehen können. So ist es möglich, in eine Dauerschleife von Schmerzen zu gelangen, die meist nur mit einem zeitweisen kompletten Verzicht auf Akutmedikation wieder zu durchbrechen ist.
Der Arzt hat die Möglichkeit, die in der App erfassten Daten über die sogenannte Sprechstunden-Checkliste beim Termin mit einem Migräniker zu kontrollieren. Die Analyse kann auch als pdf-Formular exportiert und an die Praxis übermittelt werden. Der Experte erkennt anhand der Daten, ob die Migräne sich verbessert hat oder eventuell chronisch geworden ist. Diese Informationen sind entscheidend für den weiteren Therapieverlauf und den Erfolg der Behandlung.
Weniger Schmerzen durch Nutzung der App
Eine im Jahr 2019 veröffentlichte Studie von Ärzten der Schmerzklinik Kiel zeigte, dass sich durch die Nutzung der Migräne App die Kopfschmerztage um durchschnittlich 25 Prozent verringerten. Außerdem nahmen die 1464 Teilnehmer der Befragung weniger Akutmedikamente ein und die Therapietreue bei der Vorbeugung verbesserte sich durch die Erinnerungsfunktion. Es traten weniger Fälle eines Übergebrauchs der Arzneimittel auf, die zu einer Verschlimmerung der Migräne führen können. Nicht zuletzt motivierte die App die Nutzer zu Selbsthilfemaßnahmen wie Entspannungsübungen oder dem Austausch in Selbsthilfegruppen.
Fazit
Es ist möglich, eine Migräne App begleitend zu einer professionellen Therapie erfolgreich einzusetzen. Allerdings ersetzt deren Anwendung keine ärztliche Behandlung. Über Migräneanfälle Tagebuch zu führen, kann helfen, Auslöser zu vermeiden, die Therapie zu optimieren und selbst aktiv zu werden. Die meisten Migräne Apps sind kostenlos und leicht zu bedienen, weitere Apps gibt es auf Rezept.
Veröffentlicht am: 04.02.2025
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Quellen
[1] Schmerzklinik Kiel: Erfassung kopfschmerzbedingter Behinderung durch die Migräne-App. https://schmerzklinik.de/erfassung-kopfschmerzbedingter-behinderung-durch-die-migraene-app/
[2] Göbel, H. et al. Gesundheitsverhalten von Migräne- und Kopfschmerzpatienten bei digitaler Therapiebegleitung mit der Migräne-App. Schmerz (2019) 33, 147–155. https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00482-018-0355-x.pdf?pdf=button
[3] Schmerzklinik Kiel: Die Migräne-App in der Zukunftsregion Digitale Gesundheit (ZDG). https://schmerzklinik.de/wp-content/uploads/2020/07/migraene-app-zdg-online-schulung-12072020.pdf
[4] Schmerzklinik Kiel: Neues Migräne-App Update 04/2020: Wichtige Neuerungen und Erweiterungen. https://schmerzklinik.de/neues-migraene-app-update-042020-wichtige-neuerungen-und-erweiterungen/
[5] Die Techniker (TK): Die Migräne-App der Techniker. https://www.tk.de/techniker/magazin/digitale-gesundheit/apps/migraene-app-2025392
[6] Schmerzklinik Kiel: Mögliche Auslöser der Attacken. https://schmerzklinik.de/service-fuer-patienten/migraene-wissen/ausloeser/
[7] Schmerzklinik Kiel: Genetik. https://schmerzklinik.de/service-fuer-patienten/migraene-wissen/genetik/
[8] Presseportal: Smart gegen Migräne: sinCephalea ist ab sofort als App auf Rezept erhältlich. Stand 10/2022. https://www.presseportal.de/pm/132650/5340173
[9] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): sinCephalea – Migräneprophylaxe. https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis/1775
[10] Perfood GmbH: sinCephalea, So funktioniert’s. https://sincephalea.de/so-funktionierts/
[11] Perfood GmbH: sinCephalea, Digitale Migräneprophylaxe. https://sincephalea.de/wp-content/uploads/2023/03/030323_sC_Infoblatt_A4.pdf
[12] Die Techniker (TK): Gesundheits-Apps auf Rezept: Das DiGA-Verzeichnis. https://www.tk.de/techniker/gesundheit-und-medizin/kompetent-als-patient/gesundheits-apps-auf-rezept-2084828