Smartwatch mit EKG – Herzgesundheit checken

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Wie die tragbaren Helfer bei der Früherkennung mitwirken
Ein gesundes Herz ist für alle Menschen wichtig, egal ob jung oder alt. Ohne ärztliche Hilfe besteht aber kaum die Möglichkeit, die eigene Herzgesundheit zu prüfen. Digitale Helfer wie Smartwatches könnten hierbei Abhilfe schaffen. Mit einigen Modellen lässt sich nämlich die Herzaktivität überwachen, indem sie ein EKG aufnehmen. Erfahren Sie hier, welche Funktionen die Geräte haben, welche verschiedenen Modelle es gibt und wie verlässlich deren Messergebnisse sind.
Wearables wie digitale Armbänder und Smartwatches verfügen inzwischen über zahlreiche Funktionen und mobile Anwendungen (Apps), die beim Erhalt und der Verbesserung der Gesundheit unterstützen können. Die Einsatzbereiche sind dabei vielfältig, vom einfachen Schrittzähler bis hin zu Sturzmeldern. Darüber hinaus lassen sich digitale Armbänder mit Smartphones verbinden und in Kombination mit medizinischen Apps wie digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs) nutzten. DiGAs werden bei bestimmten Erkrankungen eingesetzt. Es gibt sie für verschiedenste Indikationen wie Adipositas, Diabetes, psychische Beschwerden oder Herzerkrankungen. Sie können vor allem in der Therapie unterstützen, aber wie sieht es mit der Diagnose einer Erkrankung aus? Herzerkrankungen wie Herzrhythmusstörungen oder Vorhofflimmern wirken sich erheblich auf die Gesundheit aus. Allerdings werden sie oft erst spät erkannt, wodurch das Risiko für Komplikationen wie eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) oder einen Herzinfarkt steigt. Dem lässt sich jedoch durch eine frühzeitige Diagnose vorbeugen, zu der Smartwatches mit EKG-Funktion möglicherweise beitragen können.
Was ist ein EKG?
Ein Elektrokardiogramm, kurz EKG, zeichnet die Herzaktivität anhand der elektrischen Ströme auf, die vom Herzmuskel ausgehen. Damit das Herz Blut in den Körper und die Lunge pumpen kann, muss es sich zusammenziehen (kontrahieren). Dabei erzeugen die Muskelzellen in regelmäßigen Abständen elektrische Impulse, die sich im Herzmuskel ausbreiten und diesen zum Kontrahieren bringen. Die Häufigkeit, mit der sich das Herz zusammenzieht, ist die Herzfrequenz, also der Puls. Die elektrischen Ströme, die dabei fließen, misst das EKG. Es stellt die Aufzeichnungen in grafischen Kurven dar, die bei normaler Herztätigkeit ein typisches Muster zeigen. Bei Herzerkrankungen arbeitet das Herz nicht wie üblich, was an Veränderungen des Kurvenmusters erkennbar ist.
Wie messen Smartwatches ein EKG?
Die Smartwatch funktioniert wie ein 1-Kanal-EKG, das bedeutet, sie zeichnet auf einem Kanal die Herzströme und damit den Herzrhythmus auf. Sie leitet das EKG zwischen einer Edelstahlelektrode, die sich im Boden der Uhr befindet, und einem Sensor zum Beispiel im äußeren Ring oder der Krone der Uhr ab. Dabei muss der Sensor mit einem Finger der anderen Hand berührt werden. Außerdem ist es wichtig, dass die Smartwatch immer Hautkontakt hat, also vollständig auf der Haut aufliegt.
Sie kann demnach auch an anderen Körperstellen wie der Brust aufgelegt werden, eine Messung am Handgelenk ist nicht zwangsläufig nötig. Hierbei besteht allerdings die Gefahr, dass die Uhr verrutscht und kein vollständiger Hautkontakt besteht, weshalb diese Art der Messmethode eher von Fachlauten durchgeführt werden sollte.
Eine andere Möglichkeit ist die Photoplethysmographie (PPG). Dabei sendet die Smartwatch Infrarotlicht in die Haut, welches das Hämoglobin, also der rote Blutfarbstoff, absorbiert. Ein Teil des Lichts wird aber auch von der Haut reflektiert. Je mehr Infrarotlicht die Haut reflektiert, desto geringer ist der Blutfluss – und je weniger die Haut reflektiert, desto höher ist die Absorption des Lichts durch die Blutmenge. Dieses gemessene reflektierte Licht rechnet die Smartwatch in eine Pulswelle um, durch deren Analyse sich die Herzfrequenz und eine mögliche Rhythmusstörung erkennen lässt.
Die Dauer einer einzelnen Messung beträgt etwa 30 Sekunden. Dabei ist darauf zu achten, dass der Körper nicht zu sehr in Bewegung ist. Zum einen könnte körperliche Aktivität die Herzfrequenz erhöhen und zu falsch-positiven Ergebnissen führen, andererseits könnte der Kontakt mit der Haut unterbrochen werden und die Messung misslingen. Um die Werte gut vergleichen zu können, empfiehlt es sich, die Messungen immer in Ruhe durchzuführen. Da das im Alltag oft aber nicht möglich ist, raten Fachleute dazu, auch in der Nacht während des Schlafes EKG-Aufnahmen zu machen.
Die EKG-Daten übermitteln die Smartwatches in der Regel über Bluetooth an ein Smartphone oder Tablet. Dazu erfordert es eine dazugehörige Health-App, welche die Daten empfängt und verarbeitet. Sie lässt sich in den gängigen App-Stores herunterladen.
Welchen Nutzen hat die Smartwatch mit EKG?
Da die Uhren nicht nur Einzelmessungen, sondern auch ein 24-Stunden-EKG anfertigen können, sind sie vor allem in der Früherkennung von Herzerkrankungen von besonderem Nutzen. Denn in Langzeitaufnahmen werden Veränderungen am ehesten erfasst. Die meisten der bislang getesteten Geräte detektieren die Herzaktivität und mögliche Veränderungen fast genauso gut wie ein Standard-EKG in der Praxis. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass nur zehn bis 20 Prozent der Messungen nicht verwertbar sind. Fachleute beurteilen das als sehr positiv und sehen in den digitalen Uhren einen klaren Nutzen.
Der Vorteil der Smartwatches liegt vor allem darin, dass sie Herzrhythmusstörungen anzeigen können, wie zum Beispiel:
- Vorhofflimmern (unregelmäßige Kontraktionen der Vorhöfe)
- Extrasystolen (zusätzliche Herzschläge bzw. Kammerkontraktionen)
- Tachykardien (deutlich erhöhte Herzrhythmen, Herzrasen)
Einen Herzinfarkt stellen sie nicht fest, aber anhand der EKG-Daten lassen sich frühzeitige Rhythmusstörungen erkennen, die wiederum ein Zeichen für einen Herzinfarkt sein können. Ein EKG per Smartwatch kann somit die frühe Diagnose schwerer Komplikationen erleichtern, sofern die Daten ärztlich abgeklärt werden.
Trotzdem ist es wichtig, zu beachten, dass eine Smartwatch mit EKG-Funktion den Besuch in einer ärztlichen Praxis nicht ersetzen kann. Das bedeutet, wenn typische Schmerzen in der Brust auftreten, sollte keine Zeit damit verschwendet werden, die Smartwatch zu überprüfen. Das 1-Kanal-EKG ist zu einfach, um Durchblutungsstörungen zu erfassen, die auf einen Herzinfarkt hinweisen – hier gilt es, schnellstmöglich den Notruf 112 zu wählen.
Nur zertifizierte Geräte verwenden
Wichtig bei der Anwendung von Smartwatches mit EKG ist, dass die Funktionalität des EKG nachgewiesen ist. Das Gerät sollte als zertifiziertes Medizinprodukt ausgewiesen sein. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Messungen fehlerhaft sind und Nutzende eine Falschdiagnose erhalten.
Welche Smartwatches mit EKG gibt es?
Inzwischen gibt es verschiedene Smartwatches unterschiedlicher Hersteller, die eine EKG-Funktion haben. Je nach Modell können einige zudem den Puls, den Blutdruck oder auch die Sauerstoffsättigung im Blut bestimmen, was weitere, wichtige Parameter im Zusammenhang mit Herzerkrankungen sind. Beispielsweise sind folgende Geräte mit einer EKG-Funktion ausgestattet und in Deutschland als Medizinprodukte zertifiziert:
- Google Pixel Watch 2
- Apple Watch ab Serie 4
- Fitbit Charge 6
- HUAWEI WATCH D
- Samsung Galaxy Watch 7
- Withings Move Scanwatch 2
Mithilfe der zugehörigen Health-App können Nutzer und Nutzerinnen ihre Gesundheitsdaten stets im Blick behalten. Einige Apps, wie die der Galaxy Watch, stellen die Daten als PDF bereit, das sich ausdrucken lässt.
Die Anwendungen verfügen in der Regel über weitere Funktionen wie ein Tagebuch, in das die Nutzenden Daten eingetragen können. Viele Apps erinnern mit der entsprechenden Einstellung an anstehende Messungen oder geben ein Warnsignal aus, wenn auffällige Werte vorliegen.
Kompatibilität prüfen
Die meisten Smartwatches mit EKG sind nur mit bestimmten Smartphones oder Tablets kompatibel. Das liegt unter anderem an den zugehörigen Health-Apps, die sich nicht auf allen Modellen nutzen lassen. Vor dem Kauf einer Smartwatch gilt es daher, zu klären, welche sonstigen Anwendungen notwendig sind und ob diese auf dem eigenen Smartphone bzw. Tablet funktionieren.
Fazit
Smartwatches mit EKG-Messfunktion können eine Unterstützung in der Diagnostik von Herzerkrankungen sein, insbesondere bei der Früherkennung. Für Personen, die ein ärztlich nachgewiesenes, erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen oder entsprechende Beschwerden haben, lohnt sich daher eine solche Smartwatch. Ihnen kann die digitale Uhr rechtzeitig signalisieren, wenn es beispielsweise zu Verschlechterungen gekommen ist oder verdächtige Veränderungen eingetreten sind – vorausgesetzt, sie überprüfen regelmäßig den gemessenen Herzstatus. Der Einsatz der Smartwatches hat nur dann Erfolg, wenn Nutzer und Nutzerinnen sich bei auffälligen Messungen an ihre ärztliche Praxis wenden und die Ergebnisse mit ausgebildeten Fachleuten besprechen.
Ein Nachteil könnte der Preis einiger Geräte sein, denn die Smartwatches sind zum Teil sehr teuer. In manchen Fällen übernehmen die Krankenkassen einen Teil oder die gesamten Kosten. Das sollten Interessierte vor dem Kauf ebenso abklären wie die Frage nach der Kompatibilität mit anderen Geräten.
Veröffentlicht am: 03.07.2024
Aktualisiert: 26.09.2024
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Quellen
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[3] Deutsche Herzstiftung. Wie digitale Geräte Vorhofflimmern erkennen. https://herzstiftung.de/service-und-aktuelles/presse/pressemitteilungen/herzwochen-2022-vorhofflimmern-smartwatch
[4] Deutsche Herzstiftung. Armbanduhr – Als Herzpatient eine Smartwatch mit EKG-Funktion kaufen? https://herzstiftung.de/herz-sprechstunde/alle-fragen/smartwatch-ekg
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[11] Techstage. Top 10: Die beste Smartwatch mit EKG – Fitbit, Apple & Co. https://www.techstage.de/bestenliste/top-10-die-beste-smartwatch-mit-ekg-fitbit-apple-und-co/11kg4jj