Tinnitus App – digitale Hilfe bei Ohrgeräuschen

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Zusammenfassung
Bei Tinnitus gibt es inzwischen Therapieunterstützung aus dem Internet und in Form von digitalen Gesundheitstools, den Tinnitus Apps. Ähnlich wie Online-Therapien sollen diese den Umgang mit Tinnitus und dessen Beschwerden verbessern können.
Millionen von Menschen sind weltweit von Tinnitus betroffen, einem Symptom, das durch häufig wiederkehrende Ohrgeräusche wie Summen, Rauschen oder Klingeln gekennzeichnet ist. Dabei variiert deren Intensität zumeist. Die ständigen Geräusche im Ohr können das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen und zu Schlafstörungen, Stress und Depressionen führen. In Zeiten von E-Health und digitaler Gesundheit gibt es neben den herkömmlichen Therapien auch innovative Ansätze, insbesondere zur Behandlung von chronischem Tinnitus. Vielversprechende Lösungen sind neben verschiedenen Internetangeboten Tinnitus Apps, die Betroffenen eine effektive und einfache Möglichkeit bieten, ihre Symptome zu lindern und ihre Lebensqualität zu verbessern.
Digitale Hilfen zur Behandlung von Tinnitus
Neben den herkömmlichen Therapieoptionen finden Menschen mit Tinnitus seit einiger Zeit digitale Unterstützung zur Behandlung in Form von Internet-Angeboten. Dazu zählen zum Beispiel die Online-Psychotherapie, Online-Selbsthilfegruppen und moderierte Diskussionsforen, wie sie die Deutsche Tinnitus-Liga ihren Mitgliedern anbietet. In diesen können sich Betroffene unter Anleitung einer Fachperson mit anderen austauschen, erhalten hilfreiche Informationen über die Erkrankung und die neuesten Entwicklungen in der Therapie.
Wie können Tinnitus Apps helfen?
Tinnitus Apps sind mobile Health-Anwendungen, die insbesondere mit Smartphones oder Tablets genutzt werden können. Sie bieten verschiedene Funktionen, mit denen sich die Beschwerden, die mit Tinnitus einhergehen, lindern lassen:
- Tinnitus-Management: Einige Tinnitus Apps erleichtern den Umgang mit der Erkrankung durch personalisierte Therapiepläne, die auf den individuellen Beschwerden basieren. Die Apps schlagen entsprechende Therapieansätze oder Übungen vor, durch die eine bessere Kontrolle über die Wahrnehmung der Ohrgeräusche ermöglicht wird.
- Individuelle Therapie: Die personalisierten Ansätze einiger Apps berücksichtigen die individuellen Bedürfnisse jeder Einzelperson und tragen dazu bei, die Symptome gezielt zu behandeln.
- Stressbewältigung und Entspannung: Viele Menschen mit Tinnitus erleben oft stressbedingte Verschlimmerungen. Manche Tinnitus Apps bieten Entspannungsübungen und Techniken zur Stressreduzierung an. Sie sorgen dadurch für eine Linderung der Symptome.
- Musiktherapie: Mit den meisten Tinnitus Apps lassen sich gekoppelt mit einem Hörgerät oder Kopfhörern beruhigende und für das Gehör angenehme Klänge oder Musik abspielen, die das Tinnitus-Geräusch überdecken. So wird es weniger stark wahrgenommen, was die psychische Belastung verringern kann. Fachleute sprechen von einer Masker- oder Noiser-Behandlung nach dem Prinzip der akustischen Neuromodulation. Dabei bestimmen die Apps zuvor die Tinnitus-Frequenz und spielen nur Musik mit möglichst geringem Anteil an der Tinnitus-Frequenz. Bei der Tailor-made-notched-music-Therapie (TMNMT) filtern die Apps die störenden Frequenzen aus der abgespielten Musik heraus oder verändern diese Abschnitte. Mit unterschiedlichem Hintergrundrauschen lassen sich zusätzlich bestimmte Frequenzen maskieren.
- Schlafverbesserung: Schlafprobleme sind häufige Begleiterscheinungen von Tinnitus. Einzelne Apps bieten Schlafunterstützung, um eine erholsamere Nachtruhe zu ermöglichen.
- Achtsamkeit: Manche Tinnitus Apps fördern durch gezielte Übungen oder Videospiele die Achtsamkeit, was wiederum Stress reduziert und somit für weniger Beschwerden und mehr Wohlbefinden sorgt.
Einige Tinnitus Apps im Überblick
Im Zuge des Ausbaus von E-Health-Angeboten sind zahlreiche Tinnitus Apps entwickelt worden, die verschiedene Ansätze zur Therapie bieten und in den gängigen App-Stores von Android und iOS heruntergeladen werden können. Ein Beispiel für Apps, die auf dem Prinzip der akustischen Neuromodulation basieren, ist die Tinnitracks Neuro-Therapie-App, die von der Techniker Krankenkasse unterstützt wird. Diese App analysiert die individuellen Tinnitus-Frequenzen der Nutzenden und erstellt darauf basierend eine personalisierte Musiktherapie, um die Wahrnehmung der Ohrgeräusche zu reduzieren. Ein weiteres Beispiel ist die App Tinnitus-Klangtherapie. Neben wohltuenden und beruhigenden Klängen bietet diese App zusätzlich zur Musik entspannende Videos. Eine Anwendung, die neben Therapietönen Maskierungsrauschen einsetzt, ist die App Tonale Tinnitus-Therapie.
Bei den beiden Apps ReSound Tinnitus Relief und Beltone Tinnitus Calmer handelt es sich um Tinnitus-Management-Programme. Neben der Option zur Musik- bzw. Klangtherapie verfügen sie über Funktionen zur Schlafförderung und Entspannungsübungen. Letztere umfassen bei der Beltone-Tinnitus-Calmer-App beispielsweise geführte Meditationen, Atemübungen und Bilder. Es gibt jeweils einen Lern-Abschnitt, in dem Nutzende mehr darüber erfahren, was Tinnitus ist, welche Ursachen es hat und wie sie mit den Auswirkungen der Erkrankung besser umgehen können.
Tinnitus App auf Rezept
Es gibt Tinnitus Apps, die sich Betroffene auf Rezept verschreiben lassen können. So zum Beispiel die Kalmeda-App, die seit Dezember 2021 als Tinnitus-App dauerhaft ins Verzeichnis für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) aufgenommen ist. Sie ist somit ein Medizinprodukt, deren Kosten von allen gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Die Kalmeda-App basiert auf kognitiver Verhaltenstherapie und bietet den Nutzenden unter anderem Tools zur Bewältigung von Stress und Schlafproblemen, die oft mit Tinnitus einhergehen. Durch gezielte Übungen und Entspannungstechniken kann die App dazu beitragen, negative Denkmuster zu verändern, die den Tinnitus oft verschlimmern. Dadurch ist es möglich, die Symptome zu lindern.
Eine weitere DiGA ist die Meine Tinnitus-App, die ähnlich wie Kalmeda oder ReSound Tinnitus Relief und Beltone Tinnitus Calmer ein umfassendes Tinnitus-Management-Programm anbietet. Als digitaler Begleitung unterstützt sie die Tinnitus-Behandlung mit hilfreichen Informationen, verschiedenen Übungen und einer umfassenden Mediathek an angenehmen Tönen beziehungsweise Musik. Wie bei anderen Tinnitus Apps können Nutzende die Auswahl an Musik und Klängen selbst bestimmen und die Therapie so nach ihren Bedürfnissen ausrichten.
Tinnitus Apps: Vor- und Nachteile
Tinnitus-Apps haben viele Vorteile: Sie sind leicht zugänglich und können jederzeit und überall genutzt werden. Außerdem lassen sie sich meist individuell auf die Bedürfnisse der Einzelnen abstimmen. Insbesondere die Therapie mit Musik oder bestimmten Tönen scheint sehr wirkungsvoll zu sein.
Allerdings gibt es auch einige Nachteile. So können sie beispielsweise nicht die zugrunde liegende Ursache des Tinnitus behandeln. Fachleute weisen auch darauf hin, dass die für die Musiktherapie erforderliche Bestimmung der Tinnitus-Frequenz mit Smartphones oft zu ungenau ist, weshalb die Therapie unter Umständen nicht den gewünschten Erfolg hat. Die Apps bieten außerdem nicht den persönlichen Kontakt und die Unterstützung, die eine fachärztliche Therapie vor Ort ermöglicht. Hinzu kommt, dass Tinnitus Apps nicht für alle Menschen geeignet sind, insbesondere bei schweren Krankheitsfällen raten Fachleute eher zu einer Therapie in einer Praxis oder Klinik, da es für die Wirksamkeit der meisten Tinnitus Apps keine wissenschaftlichen Belege gibt. Es ist zudem eine gewisse technologische Affinität erforderlich, da die Apps nur mit entsprechenden Geräten nutzbar sind. Für manche Personen kann das eine Hürde darstellen, weshalb sich Apps hier ebenfalls weniger gut eignen.
Kostenübernahme
Wer eine Tinnitus App nutzen möchte, sollte sich vorab genau über die Kosten der Anwendung informieren. Mit Ausnahme der DiGAs werden die Kosten für Tinnitus Apps nicht in jedem Fall von den Krankenkassen übernommen. Viele der Anwendungen gibt es kostenlos zum Download in den gängigen App-Stores. Allerdings kann es sein, dass dies nur Test- oder Teilversionen sind und der Funktionsumfang der jeweiligen App eingeschränkt ist. Bei einigen Anwendungen fallen dann für die Vollversion entweder einmalige Kosten an, oder es ist ein monatliches beziehungsweise jährliches Abonnement zu buchen.
Fazit
Tinnitus Apps stellen eine vielversprechende Ergänzung zur Behandlung von Tinnitus dar. Sie bieten eine leicht zugängliche und mitunter kostengünstige Möglichkeit sowie personalisierte Ansätze zur Symptomlinderung, Stressbewältigung und Schlafverbesserung. Es ist jedoch wichtig, dass sie als Teil eines umfassenden Behandlungsplans und nicht als Ersatz für professionelle medizinische Beratung und Behandlung verwendet werden. Es ist daher ratsam, sich vor der Entscheidung für eine bestimmte App fachärztlich beraten zu lassen, um die für sich persönlich geeignete App auszuwählen und die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
Veröffentlicht am: 17.01.2025
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Quellen
[1] S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. (DGHNO-KHC). Chronischer Tinnitus. AWMF-Registernr: 017-064 (Stand: 15.09.2021) https://register.awmf.org/assets/guidelines/017-064l_S3_Chronischer_Tinnitus_2021-09_1.pdf
[2] Deutsche Tinnitus-Liga e. V. Smartphone-Apps und Tinnitus-Behandlung. https://www.tinnitus-liga.de/pages/presse/pressemitteilungen/apps-und-tinnitus-behandlung.php
[3] Ärzte Zeitung. Tinnitus-App bietet individuelle Therapie. https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Tinnitus-App-bietet-individuelle-Therapie-229819.html
[4] Krankenkassen Deutschland. Tinnitus-Apps: Therapie per Smartphone. https://www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/leistungen-gesetzliche-krankenkassen/apps/tinnitus/
[5] Die Techniker. Tinnitracks Neuro-Therapie – die Tinnitus-App auf Rezept. https://www.tk.de/techniker/magazin/digitale-gesundheit/apps/tinnitracks-neuro-therapie-tinnitus-app-2010642?tkcm=ab
[6] Hillienhof, A. Tinnitus-App: Krankenkasse übernimmt Smartphone-Therapie. Dtsch Arztebl 2015; 112(40): A-1596.
[7] Rinn, A. et al. Mit Apps gegen den Tinnitus? Ein systematisches Review zu Qualität, Interventionselementen und Techniken der Verhaltensänderung. Bundesgesundheitsbl. 2023
[8] kalmeda.de. Die Kalmeda Tinnitus-App. https://www.kalmeda.de/tinnitus-app
[9] meinetinnitusapp.de. Meine Tinnitus App – Das digitale Tinnitus Counseling. https://www.meinetinnitusapp.de/#ueberblick
[10] Walter, U. et al. Randomized controlled trial of a smartphone-based cognitive behavioral therapy for chronic tinnitus. PLOS Digit Health. 2023;2(9):e0000337.