Digitaler Patientenzwilling – technische Revolution in der Medizin

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Zusammenfassung
Die Medizin befindet sich im Wandel. Mit der fortschreitenden Digitalisierung entstehen neue technische Möglichkeiten zur Verbesserung der Patientinnen- und Patientenversorgung. Eine dieser Innovationen könnte der digitale Patientenzwilling sein.
Die Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten bezüglich der Therapie und allgemeinen Versorgung steigen. Die Forderung nach einer möglichst individuellen, präzisen und effektiven Diagnose und Behandlung treibt die Entwicklung verschiedener technischer Innovationen in der Medizin deutlich voran.
Was ist ein digitaler Patientenzwilling?
Ein digitaler Patientenzwilling ist das virtuelle Modell einer individuellen Person, das auf ihren persönlichen Gesundheitsdaten basiert. Dieses Modell wird durch die Sammlung, Analyse und Verarbeitung großer Mengen von Gesundheitsdaten erstellt, einschließlich, aber nicht beschränkt auf genetische Informationen, medizinische Bildgebung, Laborergebnisse und klinische Daten. Mithilfe fortschrittlicher Algorithmen und künstlicher Intelligenz (KI) bietet der digitale Zwilling medizinischem Personal die Möglichkeit, in einer sicheren digitalen Umgebung den Gesundheitszustand, Therapien und Reaktionen der betreffenden Person zu simulieren – und zwar bevor eine Therapie tatsächlich erfolgt.
Die Technologie hinter dem digitalen Zwilling
Die Erstellung und Nutzung eines digitalen Patientenzwillings basiert auf mehreren Schlüsseltechnologien:
- Datenanalytik: Die Fähigkeit, große Datenmengen in kurzer Zeit zu sammeln und zu analysieren, ist entscheidend. Hier kommen Big-Data-Technologien und Quanten-Computing (Computer mit enorm großer Rechenleistung) ins Spiel.
- Künstliche Intelligenz: KI und maschinelles Lernen sind unerlässlich für die Vorhersage von Gesundheitsoutcomes und die Personalisierung von Behandlungsplänen.
- Cloud Computing: Die Speicherung und Verarbeitung der riesigen Datenmengen erfolgt oft in der Cloud, um eine permanente Zugänglichkeit und die Möglichkeit zur Speichererweiterung zu gewährleisten.
Anwendungsbereiche eines digitalen Patientenzwillings

Die Bereiche, in denen ein digitaler Patientenzwilling eingesetzt werden kann, sind vielfältig:
- Vorhersage und Prävention: Durch die Analyse der Daten kann der digitale Zwilling die Diagnosestellung erleichtern und präzisieren. Er kann Muster zu Krankheitsverläufen und möglichen Gesundheitsproblemen aufzeigen und so dazu beitragen, dass Krankheiten frühzeitig erkannt und bei Bedarf präventive Maßnahmen eingeleitet werden.
- Therapie: Der digitale Zwilling ermöglicht eine personalisierte Therapie mit maßgeschneiderten Behandlungsplänen, die auf den individuellen Merkmalen und Bedürfnissen von Patientinnen und Patienten basieren. Es lassen sich verschiedene Behandlungsoptionen simulieren und die effektivste auswählen. Dies kann zu einer schnelleren Genesung und weniger Nebenwirkungen beitragen.
- Forschung und Entwicklung: In der pharmazeutischen Industrie kann der digitale Zwilling zum Beispiel für die Simulation von klinischen Studien verwendet werden, um die Entwicklung neuer Medikamente zu beschleunigen.

Vorteile eines digitalen Zwillings
Ein digitaler Patientenzwilling hat verschiedenen Forschungsgruppen, die an der Entwicklung mitarbeiten, zufolge einige Vorteile. An erster Stelle steht dabei die Verbesserung der medizinischen Versorgung: Prozesse werden beschleunigt, da nicht erst der einzelne echte Patientenfall vorgestellt und diskutiert werden muss. Das spart viel Zeit in der Diagnostik. Die Simulationen bieten sowohl den Betroffenen als auch dem medizinischen Personal zudem mehr Komfort, da keine mitunter belastenden Anfahrten in verschiedene Praxen notwendig sind und weniger Erkrankte in den Praxen und Kliniken für Untersuchungen koordiniert werden müssen.
Außerdem kann es mit einem digitalen Patientenmodell gelingen, Ärztinnen und Ärzte sowie medizinisches Personal zu einer größeren Bandbreite klinischer Aspekte zu schulen, insbesondere zu selten in den Praxen gesehenen Fällen. Komplexe medizinische Abläufe könnten im Vorfeld von Operationen oder anderen Interventionen trainiert werden. Fachleute sind überzeugt, dass mithilfe künstlicher Intelligenz die Diagnosegenauigkeit sowie Risikoabschätzungen und damit die klinische Entscheidungsfindung verbessert werden können. Das ermöglicht eine zunehmend patientenzentrierte Therapie, mit der die Behandlungserfolge optimiert würden.
Das Konzept eines digitalen Patientenzwillings könnte aber nicht nur positive Auswirkungen auf die Versorgungsqualität und Patientenzufriedenheit haben, sondern auch die Ressourceneffizienz im Gesundheitswesen steigern.
Digitaler Patientenzwilling: Herausforderungen und Bedenken
Der digitale Patientenzwilling steht erst am Anfang seiner Entwicklung, daher gibt es trotz der vielen Vorteile noch einige Herausforderungen und Bedenken. So zum Beispiel:
- Datenschutz: Der Umgang mit sensiblen Gesundheitsdaten erfordert strenge Datenschutzmaßnahmen, deren Einhaltung kontrolliert werden muss.
- Technische Limitationen: Die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Modelle hängen von der Qualität und Quantität der verfügbaren Daten sowie der zur Verfügung stehenden Technologie ab.
- Ethische Fragen: Es muss sorgfältig bedacht werden, ob es beispielsweise moralisch bzw. ethisch vertretbar ist, dass und wie künstliche Intelligenz Gesundheitsdaten nutzt und auswertet.
Fazit
Der digitale Patientenzwilling stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Art und Weise dar, wie Gesundheitsversorgung und medizinische Forschung zukünftig erfolgen können. Aller Herausforderungen und Bedenken zum Trotz sind die potenziellen Vorteile für Patientinnen und Patienten, medizinisches Personal und das gesamte Gesundheitssystem enorm. Mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung dieser Technologie kann sich die Landschaft der Gesundheitsversorgung in den kommenden Jahren erheblich verändern und verbessern.
Veröffentlicht am: 09.01.2025
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Quellen
[1] Ärzte Zeitung. Präzisionsmedizin: Wenn der digitale Patientenzwilling hilft. https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Praezisionsmedizin-Wen-der-digitale-Patientenzwilling-hilft-424276.html
[2] Fraunhofer Gesellschaft. Fraunhofer-Institute stellen ersten Prototypen für digitalen Patienten-Zwilling vor. https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2021/november-2021/fraunhofer-institute-stellen-ersten-prototypen-fuer-digitalen-patienten-zwilling-vor.html
[3] Healthcare in Europe (HiE). Virtuelle Assistenten und Digitale Zwillinge für den klinischen Alltag. https://healthcare-in-europe.com/de/news/virtuelle-assistenten-digitale-zwillinge-fuer-den-klinischen-alltag.html
[4] Handelsblatt Live. Mit digitalen Patientenzwillingen gegen Krebs. https://live.handelsblatt.com/mit-digitalen-patientenzwillingen-gegen-krebs/
[5] Digital Doctor. Patientenzwillinge in der Spiegelwelt – das Metaversum der Medizin. https://www.medmedia.at/digitaldoctor/patientenzwillinge-in-der-spiegelwelt-das-metaversum-der-medizin/
[6] Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Der digitale Patientenzwilling. https://www.mwv-berlin.de/meldung/!/id/422
[7] Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Digital Ethics. https://www.mwv-berlin.de/meldung/!/id/441