Mit E-Health gegen den Klimawandel: Von digitalen Lösungen profitieren alle

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Smarte Technologien können zur Klimaneutralität beitragen
Klimaschutz und Gesundheit gehen Hand in Hand. Für sich genommen leisten beide Bereiche bereits einen Beitrag für eine hohe Lebensqualität. Technologische Neuerungen können diesen Effekt noch verstärken. Denn sie bieten die Chance, Menschen ressourcenschonend medizinisch zu versorgen und vor klimabedingten und gesundheitsschädlichen Situationen zu warnen – und das weltweit.
Klimawandel: steigende Kosten im Gesundheitswesen
Laut einer Prognose der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Europa) in ihren europäischen Mitgliedstaaten werden die öffentlichen Ausgaben für Gesundheit und Langzeitpflege von heute rund sechs Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) auf fast neun Prozent im Jahr 2030 steigen. 2060 sollen es sogar schon 14 Prozent sein. Als Ursachen für den Kostenanstieg identifizierte die internationale Organisation mehrere Faktoren wie etwa die Einführung neuer Technologien, auch solcher, die dazu dienen, die Auswirkungen des Klimawandels auf das Gesundheitswesen abzufedern. Einfluss auf die Kosten nehmen aber auch die wachsenden Bedürfnisse der alternden Bevölkerung oder die Zunahme chronischer Erkrankungen.
Erschwerend hinzu kommt, dass schon heute weltweit etwa 17,4 Millionen Arbeitskräfte im Gesundheitswesen fehlen. Dies entspricht der gesamten Bevölkerung der Niederlande. Darauf weist das Medical Futurist Institute in einer aktuellen Veröffentlichung hin. Denn nicht nur in Deutschland und seit Corona stehen Mitarbeitende in Kliniken wegen chronischen Personalmangels und schlechter Bezahlung unter Druck. In ihrer globalen Strategie für Humanressourcen im Gesundheitswesen geht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) davon aus, dass bis 2030 weltweit bis zu 9,9 Millionen Ärztinnen und Ärzte, Krankenpflegende und Hebammen fehlen könnten. Wie bedrohlich diese Zahlen sind, wird klar, wenn man sich vor Augen führt, dass Vorkommnisse wie die Corona-Pandemie oder extreme Wetterereignisse auf ein Gesundheitswesen treffen, dass schon heute in vielen Ländern seine Belastungsgrenze erreicht oder sogar überschritten hat.
Bis 2030: Deutsches Gesundheitswesen will klimaneutral werden
Nicht von ungefähr hat der 125. Deutsche Ärztetag im Jahr 2021 „Klimaschutz ist Gesundheitsschutz“ als Schwerpunktthema ausgerufen. Die Mediziner sind überzeugt, dass sie selbst viel dazu beitragen können, um beispielsweise CO2- Emissionen von Gebäuden und Krankenhäusern zu reduzieren und ressourcensparend zu agieren. Das fängt bei der Digitalisierung von Daten an, was Papier und damit CO2 einspart, und reicht bis zum gezielteren Umgang mit diagnostischen und therapeutischen Substanzen während ihres gesamten Lebenszyklus – von der Herstellung über Transport, Verteilung und Verwendung bis hin zur Entsorgung.
Ein weiterer Hebel könnte darin bestehen, hoch klimaschädliche Narkosegase und Asthma-Inhalatoren durch klimafreundlichere zu ersetzen. Das Ziel der Ärzteschaft lautet, mithilfe dieser und weiterer Maßnahmen bis zum Jahr 2030 ein klimaneutralesdeutsches Gesundheitswesen zu erschaffen.
Satelliten-gestützte Malariabekämpfung
Digitale Gesundheitstechnologien sind zwar nur ein Baustein im Kampf gegen den Klimawandel. Aber sie haben das Potenzial, die öffentlichen und privaten Gesundheitssysteme dabei zu unterstützen, fit zu werden für den Umgang mit extremen Wetterereignissen und deren Folgen. Ein Beispiel: Die weltweit steigenden Temperaturen begünstigen die Lebensbedingungen und damit die Verbreitung von Mücken und den von ihnen übertragenen Infektionskrankheiten wie beispielsweise das Dengue- und Zika-Fieber oder Malaria.
Amerikanische Forschende nutzen daher bereits die Daten von NASA-Satelliten, um etwa Malaria-Ausbrüche vorherzusagen – indem sie Gebiete identifizieren, wo die Bodenfeuchtigkeit einen idealen Nährboden für Malaria-positive Mücken bildet. Die Basis dafür bilden exakte elektronische Karten, die es ermöglichen, Epidemien oder die Ausbreitung von Infektionserkrankungen zu verhindern und zu überwachen. Bisher wird die Strategie verfolgt, durch radioaktive Bestrahlung sterilisierte männliche Exemplare der Stechmücken in die Natur auszubringen, um so die Fortpflanzungskette zu unterbrechen und die Insektenpopulationen zu verringern.
Hitzewarnsysteme in Apps integrieren
Entscheidend wird auch sein, dass das Gesundheitssystem künftig mehr Gewicht auf die Prävention und den Umgang mit hitzebedingten Erkrankungen legt. Wir erinnern uns: Während einer Hitzewelle im Sommer 2003 starben europaweit 70.000 Menschen. Betroffen waren vor allem ältere Menschen, aber auch Kleinkinder, Personen mit Vorerkrankungen sowie Sporttreibende und Personen, die berufsbedingt im Freien arbeiten. Damit sich dies nicht wiederholt, müssen nicht nur die Städte stärker begrünt werden, es bedarf auch des Einsatzes von Hitzewarnsystemen, die sich in Gesundheits-Apps integrieren oder über das Smartphone zur Verfügung stellen lassen.
Solarzellen betreiben Hörgeräte und Herzschrittmacher
Dass digitale Devicesauchnachhaltig sein können, beweisen die mit Solarzellen betriebenen Hörgeräte von Deaftronics in Botswana. Die Akkus des Solar Ear müssen nur noch alle zwei bis drei Jahre gewechselt werden und lassen sich über die Sonne, Haushaltslicht oder einen Handystecker aufladen. Mehr noch: Schweizer Forschende zeigten 2017, dass sich theoretisch auch Herzschrittmacher mit Solarpaneelen von der Größe einer Briefmarke unter der Haut betreiben und sich damit ebenso sperrige wie umweltschädliche Batterien einsparen ließen.
Optimierte Asthmatherapie mit intelligenten Inhalatoren
Die CO2–Emissionen treiben nicht nur die Klimaerwärmung an, sondern vermindern zusammen mit anderen schädlichen Klimagasen die Luftqualität – auch in unseren Innenräumen. Dies begünstigt Atemwegserkrankungen wie beispielsweise Asthma.
Mit Hilfe moderner Technologien lassen sich Asthmaerkrankungen bereits managen. Zum Beispiel dann, wenn statt herkömmlicher Peak-Flow-Messgeräte zur Überwachung der Lungenkapazität und Atemunregelmäßigkeiten smarte Varianten verwendet werden. Diese bestehen aus kleinen, hosentaschengroßen Zusatzgeräten für jedes Smartphone und erlauben es den Patientinnen und Patienten ihren Peak Flow auf dem Handy zu verfolgen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass sich die Daten bequem mit dem lungenärztlichen Personal teilen lassen, was therapeutische Absprachen zwischen behandelnder und zu untersuchender Person vereinfacht und beschleunigt. Gleichzeitig schont die Vorgehensweise die Umwelt, da die Anfahrt zur Praxis für die erkrankten Personen wegfällt.
Eine andere zukunftsträchtige Anwendung auf dem Gebiet der smarten Technologien besteht in sogenannten intelligenten Inhalatoren. Zwar können sie nicht verhindern, dass schädliche Substanzen in die Atemluft geraten und eingeatmet werden, allerdings sammeln sie passiv Daten und übertragen diese an die Praxis – so lassen sich die Veränderungen künftig telemedizinisch klären. Das bringt Zeit- und Effizienzvorteile für medizinisches Personal, Patienten und Patientinnen und die Umwelt.
Anfang 2019 hat die US-amerikanische Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde FDA (Food and Drug Administration) einen intelligenten Inhalator zugelassen. Dieser verfügt über einen Sensor, der die Atemzüge misst und in Echtzeit erfasst, wann das Gerät benutzt wird und ob die betroffene Person es korrekt handhabt. Eine integrierte Feedback-Funktion stellt sicher, dass die anwendende Person über eine App über informiert wird, wie gut sie inhaliert. Künftig könnten moderne Inhalatoren auch in der Lage sein, vor potenziellen Asthma-Triggern in der Umgebungsluft zu warnen.
Einen noch futuristischeren Weg geht ein Forschungsteam aus Kalifornien: Dieses experimentiert mit einem sensorgestützten Aufkleber, den Asthmaerkrankte auf der Haut tragen und der sie vor einem drohenden Anfall warnen soll.
Fazit
Der Klimawandel wirkt sich auf die Gesundheit der Menschen weltweit bereits spürbar aus. Trotz der unaufhaltsam zunehmenden Schwierigkeiten durch Wetterextreme, Pandemien und fehlendes medizinisches Personal gibt es Hoffnung durch den Einsatz einiger nachhaltiger, ressourcenschonender Technologien. Diese könnten zukünftig dazu beitragen, Menschen mit Vorerkrankungen und die Bevölkerung allgemein vor schädlichen Ereignissen zu schützen. Dennoch gibt es noch viel zu tun, um Klimaneutralität im Gesundheitswesen zu erreichen.
Veröffentlicht am: 11.09.2023
Letzte Aktualisierung: 18.10.2024
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Quellen
[1] aerzteblatt.de. Klimaschutz im Gesundheitswesen. https://www.aerzteblatt.de/archiv/222006/Klimaschutz-im-Gesundheitswesen-Klimaneutralitaet-bis-2030
[2] The medical Futurist. How Could Digital Health Fight Against The Climate Catastrophe? https://medicalfuturist.com/digital-hsealth-and-the-climate-catastrophe/
[3] DAZ.online. Atomenergiebehörde sterilisiert Mücken im Kampf gegen Zika. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2016/02/10/atomenergiebehorde-sterilisiert-mucken-im-kampf-gegen-zika
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