Antirheumatika - Anwendung, Wirkungen und Nebenwirkungen

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Zusammenfassung
Antirheumatika sind eine Gruppe unterschiedlicher Medikamente, die zur Behandlung rheumatischer Beschwerden zur Entzündungshemmung eingesetzt werden. Dazu gehören zum Beispiel Gelenks- oder Gefäßerkrankungen. Im Wesentlichen unterscheidet man drei größere Gruppen der Antirheumatika: Nicht-steroidale Antirheumatika, Glukokortikoide und Basistherapeutika. Sie werden, abhängig von der jeweiligen Ursache, allein oder in Kombination eingesetzt und haben unterschiedliche Neben- und Wechselwirkungen.
Was sind Antirheumatika?
Der Begriff Antirheumatika umfasst zahlreiche, unterschiedliche Medikamente. Sie werden eingesetzt, um verschiedene rheumatische Erkrankungen zu behandeln.
Diese umfassen zum einen unterschiedliche Leiden, die die Gelenke und das umgebende Gewebe betreffen. Sie können durch Entzündungen (inflammatorisch) oder Verschleiß (degenerativ) entstehen. Daneben zählen zum rheumatoiden Formenkreis Erkrankungen, die nicht direkt die Gelenke betreffen. Dazu gehören unter anderem Gefäß- (Vaskulitiden), Schleimbeutel- (Bursitis) oder Sehnenscheidenentzündungen (Tendovaginitis) und das Fibromyalgie-Syndrom.
Mediziner unterscheiden im Wesentlichen drei größere Gruppen der Antirheumatika:
- Nicht-steroidale-Anti-Rheumatica (NSAR, im Englischen non-steroidal-anti-inflammatory drugs, NSAID). Zu ihnen gehören bekannte Wirkstoffe wie Diclofenac oder Ibuprofen.
- Glukokortikoide oder steroidale Entzündungshemmer (Antiphlogistika), zum Beispiel Prednisolon. Sie werden umgangssprachlich häufig als Kortison bezeichnet.
- Basistherapeutika, im Englischen auch disease-modifying-antirheumatic drugs (DMARD). Sie helfen nur bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen, aber nicht bei degenerativen Prozessen wie der Arthrose. Beispiele sind Azathioprin oder Ciclosporin.
Wie wirken Antirheumatika?
NSARs hemmen die Bildung von Prostaglandinen (Gewebshormonen), die eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Schmerzen, Fieber und Entzündungen spielen. Darüber hinaus haben Prostaglandine aber noch zahlreiche andere, wichtige Aufgaben im Körper.
Glukokortikoide, beispielsweise Budesonid, hemmen Gene, die bei Entzündungsreaktionen von Bedeutung sind. Dadurch werden weniger Signalstoffe produziert, die eine Entzündung beginnen oder unterhalten. So werden weniger Immunzellen aktiviert. Deshalb helfen diese Medikamente sehr gut bei Beschwerden, die durch entzündliche oder autoimmune Prozesse hervorgerufen werden.
Basistherapeutika wirken entzündungshemmend, haben aber keinen schmerzlindernden Effekt. Außerdem dauert es häufig einige Wochen oder Monate, bis Patienten eine spürbare Verbesserung der Beschwerden wahrnehmen. Deshalb werden sie vor allem zu Beginn einer Therapie gegebenenfalls mit NSARs oder Glukokortikoiden kombiniert. Es wird zwischen biologischen und synthetischen Basistherapien unterschieden.
Es handelt sich um eine uneinheitliche Gruppe von Wirkstoffen, die über unterschiedliche Mechanismen wirken. Einige hemmen die Bildung und Aktivierung von Immunzellen. Andere beeinflussen bestimmte Teile von Zellen weißer Blutkörperchen. Bei einigen ist der Wirkmechanismus auch völlig unbekannt.
Wie und bei welchen Beschwerden werden Antirheumatika angewendet?

Antirheumatika werden unter anderem bei folgenden Beschwerden eingesetzt:
- Gelenksentzündungen (Arthritiden): Beispielsweise rheumatoide Arthritis, Morbus Bechterew, Psoriasis-Arthritis, reaktive Arthritis, enteropathische Arthritis
- Kollagenosen: Dies sind Erkrankungen, bei denen das Immunsystem des Körpers eigene Zellen des Bindegewebes und der Blutgefäße angreift. Sie zählen also zu den Autoimmunerkrankungen. Beispiele sind unter anderem der systemische Lupus erythematodes oder das Sjögren-Syndrom
- Entzündungen von Blutgefäßen (Vaskulitiden), zum Beispiel Morbus Wegener.
- Durch Verschleißprozesse verursachte (degenerative) Gelenkserkrankungen wie der Arthrose
- Rheumaformen, die von den Gelenken unabhängig sind (extraartikuläre Rheumaformen), beispielsweise Schleimbeutel- und Sehnenscheidenentzündungen.

Die meisten rheumatoiden Erkrankungen sind langanhaltend (chronisch) und nicht heilbar. Die Ziele der Behandlung sind deshalb in der Regel:
- Die Geschwindigkeit zu verlangsamen, mit der der zugrunde liegende Prozess voranschreitet und
- der behandelten Person möglichst Beschwerdefreiheit (Remission) zu ermöglichen.
Sobald die Diagnose gestellt worden ist, wird deshalb begonnen, die Erkrankung mit Basistherapeutika zu behandeln. Je nachdem, um welche Ursache es sich handelt und wie schwer die Symptome sind, werden sie zusätzlich mit Wirkstoffen aus der Klasse der NSARs oder Glucocorticoide kombiniert.
Unter einigen Umständen sollten Antirheumatika nicht eingenommen werden.
Wann dies der Fall ist, ist aber stark vom jeweiligen Wirkstoff abhängig. Generell sollten NSARs nicht eingesetzt werden, wenn der Anwender sehr empfindlich auf den Wirkstoff reagiert. Auch nach einer Bypass-Operation der Koronararterien und während des dritten Trimesters der Schwangerschaft sollten sie nicht zur Anwendung kommen. Weitere Situationen, in denen besser auf den Einsatz von NSARs verzichtet wird, sind vom jeweiligen Wirkstoff abhängig und in der Packungsbeilage angegeben.
Glukokortikoide sollten nicht bei einer Überempfindlichkeit gegenüber dem jeweiligen Wirkstoff eingesetzt werden. Außerdem wird von einer Anwendung abgeraten, wenn gleichzeitig Infektionen mit Bakterien, Viren, bestimmten Parasiten oder Pilzen bestehen oder befürchtet werden müssen. Darüber hinaus sollten sie nicht zeitgleich mit Impfungen angewendet werden, die lebende, beziehungsweise nicht-inaktivierte, Krankheitserreger beinhalten. Dies liegt daran, dass kortisonähnliche Medikamente das Immunsystem unterdrücken und entsprechende Erreger dann zu schwerwiegenden Erkrankungen führen können.
Einige Basistherapeutika sollten nicht während der Schwangerschaft oder Stillzeit eingesetzt werden. Außerdem wird bei schweren Nieren- oder Leberschäden davon abgeraten, bestimmte Medikamente dieser Gruppe einzusetzen. Die genauen Kontraindikationen sind jedoch vom jeweiligen Wirkstoff abhängig und können der Packungsbeilage entnommen oder vom behandelnden Arzt erfragt werden.
Welche Nebenwirkungen können bei Antirheumatika auftreten?
Häufige Nebenwirkungen von NSARs sind Störungen des Verdauungssystems, wie beispielsweise Durchfall, Erbrechen oder Magengeschwüre. Einige Vertreter dieser Gruppe hemmen auch die Blutgerinnung.
Bei der Anwendung von Glukokortikoiden kann es zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infekte kommen. Außerdem heilen Wunden häufig schlechter. Weiterhin ist eine Gewichtszunahme möglich und es können Haut- und Haarveränderungen auftreten. In einigen Fällen kommt es während der Behandlung zu psychischen Erkrankungen (z.B. Depressionen) und das Risiko, eine Osteoporose zu entwickeln, oder an Diabetes mellitus zu erkranken, steigt.
Bei den Basistherapeutika sind Durchfall und Erbrechen häufige Nebenwirkungen. Bei einigen Medikamenten können auch die Augen und/oder Nerven betroffen sein. Teilweise kommt es zu Veränderungen von Haut und Haar.
Die Nebenwirkungen der Antirheumatika unterscheiden sich gegebenenfalls abhängig vom Wirkstoff. Eine vollständige Auflistung ist in der Packungsbeilage angegeben oder kann von Arzt oder Apotheker erfragt werden.
Gibt es Wechselwirkungen bei Antirheumatika?
Viele der Medikamente, die bei rheumatoiden Beschwerden eingesetzt werden, beeinflussen sich gegenseitig. Insbesondere bei der Kombination von NSARs und Glukokortikoiden ist bekannt, dass sie die Entstehung von Magengeschwüren (Ulcera) begünstigen. Andere Wechselwirkungen sind vom jeweiligen Wirkstoff abhängig und in der Packungsbeilage zu finden. Auch Arzt oder Apotheker können Auskunft darüber geben, mit welchen anderen Medikamenten ein bestimmtes Arzneimittel interagiert.
Veröffentlicht am: 23.07.2024
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Quellen
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[3] Yasir, M. et al.: Corticosteroid Adverse Effects. (Stand: Juli 2022). In: StatPearls, Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022 Jan. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK531462/
[4] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Kollagenosen (Stand 02.2019). https://www.pschyrembel.de/Kollagenosen/K0BW6
[5] Deutsche Rheumaliga: Reaktive Arthritis – Symptome, Diagnose, Behandlung (Stand März 2022) https://www.rheuma-liga.de/rheuma/krankheitsbilder/reaktive-arthritis
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