Myelofibrose - Symptome und Behandlung

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Die Myelofibrose ist eine Erkrankung des blutbildenden Systems, durch die es zur Vernarbung des Knochenmarks kommt. Stammzellen, aus denen sich die verschiedenen Blutzellen entwickeln, vermehren sich stark und sind fehlerhaft. Die daraus entstehenden Blutzellen regen die Faserbildung an, wodurch sich das Knochenmark in Bindegewebe umwandelt. Es verliert seine blutbildende Funktion.
Die Erkrankung betrifft vor allem ältere Menschen, schreitet meist langsam voran und ist anfangs oft symptomlos. Später kommt es neben allgemeinen Krankheitszeichen wie Abgeschlagenheit und Müdigkeit zu Blutarmut, Durchblutungsstörungen, Blutungsneigung und einer vergrößerten Milz und/oder Leber. Durch eine Therapie lassen sich viele der Beschwerden lindern. Heilbar ist eine Myelofibrose nur durch eine Stammzelltransplantation.
Was ist eine Myelofibrose?
Die Myelofibrose ist eine Erkrankung des blutbildenden Systems und betrifft vor allem Strukturen, die sich im Knochenmark befinden. Hier werden alle Blutzellen – rote (Erythrozyten) und weiße (Leukozyten) Blutzellen sowie Blutplättchen (Thrombozyten) – über mehrere Vorläuferstufen aus Stammzellen gebildet. Diesen Vorgang bezeichnen Fachleute als Hämatopoese. Bei der Myelofibrose ist dieser Vorgang aufgrund einer krankhaften Neubildung und Fehlfunktion der Stammzellen gestört. Es kommt zu einer fehlerhaften Entwicklung und starken Vermehrung von Blutzellen, insbesondere der Leukozyten und Thrombozyten. Diese entarteten Zellen sorgen für eine Gewebeveränderung des Knochenmarks, indem sie die Bildung von Bindegewebe (Fibrosierung) und den Einbau von Kollagenfasern ins Knochenmark anregen. Dadurch vernarbt es und verliert mit der Zeit seine blutbildende Funktion (Knochenmarkinsuffizienz). Im Verlauf der Erkrankung übernehmen dann andere Organe wie Milz und Leber die Produktion von Blutzellen, was meist eine Vergrößerung dieser beiden Organe bedeutet.
Die Myelofibrose zählt zu den seltenen Erkrankungen (eng. rare diseases), da jährlich nur etwa einer unter 100.000 Menschen diese Störung entwickelt. Betroffen sind zumeist ältere Personen ab 60 Jahren, wobei es mehr Männer als Frauen sind.
Wie entsteht eine Myelofibrose?
Wie es zu der Fehlentwicklung der Blutzellen kommt und was genau die Auslöser sind, ist bislang nicht genau bekannt. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass es offenbar einen Zusammenhang mit der gesteigerten Aktivität bestimmter Enzyme gibt, die als Signalgeber bei der Blutbildung eine wichtige Rolle spielen.
Zu diesen Enzymen gehört zum Beispiel die Janus-Kinase 2 (auch Januskinase 2, JAK2, JAK-2), die durch eine Genveränderung (Mutation) ständig aktiv ist und die Vermehrung der Blutzellen vorantreibt. Die Janus-Kinase 2 kommt jedoch nicht bei allen Betroffenen vor. Forscher konnten beispielsweise das Calreticulin (CALR) als ein weiteres Enzym bestimmen, dessen Mutation einen Einfluss auf die Entstehung einer Myelofibrose hat. Neben diesen beiden sind noch weitere Gendefekte identifiziert worden, die eine eindeutige Diagnose der Myelofibrose möglich machen.
Fachleute unterscheiden zwei Formen der Myelofibrose:
- Primäre Myelofibrose (PMF): der Fibrose liegt keine Vorerkrankung zugrunde
- Sekundäre Myelofibrose (SMF): die Fibrose hat sich aus einer anderen Erkrankung heraus entwickelt, beispielsweise einer anderen Störung des Blutbildungssystems wie der Polycythaemia vera (PV) oder der Essenziellen Thrombozythämie (ET) oder tritt infolge einer Strahlentherapie auf
Was sind die Symptome bei Myelofibrose?
Eine Myelofibrose verläuft in der Regel schleichend. Oft merken die Betroffenen daher lange Zeit nichts von ihr, da sie sich in vielen Fällen zunächst ohne Krankheitszeichen entwickelt. Manche Erkrankte berichten von anfänglichen allgemeinen Beschwerden und solchen, die typisch sind für eine Blutarmut (Anämie) wie:
- allgemeines Unwohlsein
- Antriebslosigkeit
- Andauernde Müdigkeit bzw. Erschöpfung (Fatigue)
- Kurzatmigkeit
- Herzklopfen
- Kopfschmerzen
- Appetitlosigkeit
- Gewichtsverlust
- Fieber
- Nachtschweiß
- Vermehrte Infekte
Wie stellt der Arzt eine Myelofibrose fest?
Eine Myelofibrose wird häufig im Rahmen von Routineuntersuchungen entdeckt, beispielsweise bei einer Blutuntersuchung. Anhand eines Blutbildes zeigen sich Auffälligkeiten bezüglich der Blutzellen. Zu Beginn einer Myelofibrose ist oft die Anzahl an Blutplättchen erhöht, was auch in manchen Fällen zu Blutgerinnseln führt. Daraus kann sich eine Thrombose entwickeln, die ebenso Grund für einen Arztbesuch und die darauffolgende Diagnose sein kann.
Da die allgemeinen Symptome und die Veränderungen im Blutbild wie eine verringerte Anzahl roter Blutkörperchen (Anämie) auch bei anderen Erkrankungen auftreten, ist eine Diagnosestellung zu einem frühen Zeitpunkt der Erkrankung sehr schwierig. Eine Myelofibrose bleibt daher meist viele Jahre unentdeckt.
Durch eine körperliche Untersuchung lassen sich beispielsweise eine vergrößerte Milz und/oder Leber ertasten, was den Verdacht einer Myelofibrose bestärken kann. Mithilfe von bildgebenden Verfahren wie einer Ultraschalluntersuchung des Bauchraums lassen sich Veränderungen der Organe sichtbar machen.
Um andere Knochenmarkserkrankungen auszuschließen und zum Nachweis einer Fibrosierung des Knochenmarks, entnehmen Ärzte zumeist eine Gewebeprobe (Biopsie) aus den Knochen wie dem Becken (Knochenmarkspunktion). Anhand dieser Gewebeprobe lässt sich auch eine Genanalyse durchführen, über welche die Diagnose abgesichert wird.
Welche Therapie gibt es bei Myelofibrose?
Oft heißt es: Beobachten und Abwarten (engl. Watch and wait). Auch wenn die Myelofibrose eine chronische Erkrankung ist und immer weiter fortschreitet, zeigen sich die ersten Symptome meist erst spät. Patienten, die noch keine Beschwerden und ein geringes Risiko für Komplikationen haben, erhalten daher oft noch keine medikamentöse Therapie. Mithilfe der Diagnoseverfahren wird lediglich die Entwicklung der Erkrankung verfolgt, um möglichst frühzeitig bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes mit einer Therapie zu beginnen.
Ist das Risiko erhöht, richtet sich die Therapie einerseits auf die Behandlung der Beschwerden und andererseits auf die Beseitigung der Ursache. Die Linderung der Symptome gelingt beispielsweise durch den Einsatz von:
- Zytostatika (z. B. Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Ruxolitinib blockieren die JAK-2 und wirken dadurch antiproliferativ (wachstumshemmend), reduzieren die Milzgröße, lindern Erschöpfungserscheinungen und verbessern den Allgemeinzustand)
- Hormontherapie mit Erythropoetin (fördert die Bildung roter Blutzellen und wirkt der Anämie entgegen)
- Weitere Arzneimittel (z. B. Anagrelid zur Hemmung der Entwicklung von Thrombozyten)
- Bluttransfusionen
Um langfristig der Bildung fehlerhafter Blutzellen und einer Schädigung der Organe vorzubeugen, kommt nur eine Stammzelltransplantation infrage. Ob eine solche Behandlung möglich ist, hängt einerseits vom Gesundheitszustand des Betroffenen ab und davon, ob es einen geeigneten Spender gibt. Die Wahrscheinlichkeit, als Spender infrage zu kommen, ist unter Verwandten am größten.
Das Verfahren der Transplantation ist keine einfache Therapie und für den Patienten mit einem hohen Gesundheitsrisiko verbunden. Das liegt unter anderem daran, dass vor der eigentlichen Übertragung der gesunden Stammzellen die kranken des Patienten abgetötet werden müssen. Das geschieht mithilfe einer Chemotherapie, die sich jedoch nicht nur auf die kranken Zellen auswirkt, sondern auch gesunde angreift.
Ist die Milz bereits stark vergrößert (Splenomegalie), sind Medikamente meist nicht wirksam. In diesen Fällen bleibt unter Umständen nur die operative Entfernung der Milz (Splenektomie) als Behandlungsoption.
Welche Komplikationen treten bei Myelofibrose auf?
Eine Myelofibrose kann langfristig schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben, angefangen mit Blutgerinnseln und der Gefahr für Thrombosen, über Blutarmut und Blutungsneigung bis hin zu Funktionsstörungen von Milz und Leber. Thrombosen bergen die Gefahr für Embolien, bei denen Blutgerinnsel in Organe wie das Herz, die Lunge und das Gehirn gelangen können und wichtige Gefäße verstopfen. Ein Schlaganfall kann im schlimmsten Fall die Folge sein.
Durchblutungsstörungen können in schweren Fällen zum Beispiel einen Milzinfarkt verursachen, bei dem die Milz selbst nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt wird.
Bei einer stark vergrößerten Milz ist diese meist mit der Zeit in ihrer Funktion beeinträchtigt. Das wirkt sich nicht nur negativ auf die Blutbildung aus, sondern schwächt auch die Immunabwehr, denn die Milz gehört zu den Organen des Immunsystems.
Ein Myelofibrose birgt außerdem die Gefahr, dass sie sich zu einer Form von Blutkrebs entwickelt, und zwar kann die akute myeloische Leukämie (AML) entstehen. Sie verläuft häufig schwer. Betroffene haben eine deutlich kürzere Lebenserwartung als Gesunde.
Veröffentlicht am: 28.01.2025
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ICD Codes sind Internationale statistische Klassifikationen der Krankheiten zu finden z.B. auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) oder Ärztebriefen.
- C94,4
- Quelle: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte - https://klassifikationen.bfarm.de/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2025/index.htm
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Quellen
[1] Pschyrembel Klinisches Wörterbuch online. Chronische idiopathische Myelofibrose. https://www.pschyrembel.de/Chronische%20idiopathische%20Myelofibrose/K0FXE
[2] Leben mit Myelofibrose. Was ist eine Myelofibrose? https://www.leben-mit-myelofibrose.de/mf-verstehen/erkrankung
[3] Grießhammer, M. et al. Primäre Myelofibrose (PMF) – Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) et al. (Stand: 2021) https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/primaere-myelofibrose-pmf/@@guideline/html/index.html
[4] Deximed Hausarztwissen online. Myelofibrose. https://deximed.de/home/klinische-themen/blut/patienteninformationen/knochenmarkserkrankungen/myelofibrose
[5] mpn-netzwerk.de PMF – Primäre Myelofibrose. https://www.orpha.net/data/patho/Pub/Ext/de/PrimareMyelofibrose_DE_de_PUB_824.pdf
[6] Myelofibrose Forschung. Über Myelofibrose und Blutkrebs. https://www.myelofibrosisresearch.com/DE/
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