Kiefersperre - Ursache, Symptome und Behandlung

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Eine Kiefersperre zeichnet sich dadurch aus, dass sich der Mund nicht oder nur sehr schwer schließen lässt. In der Regel ist eine Kiefersperre das Symptom einer zugrunde liegenden Erkrankung im Kieferbereich. Aber auch eine genetische Veranlagung kann dazu führen, dass der Mund nach dem Gähnen oder Lachen geöffnet bleibt. Je nach Ursache kommen unterschiedliche Therapien infrage. Darunter konservative wie Physiotherapie, aber auch wiederherstellende wie eine Operation.
Wie äußert sich eine Kiefersperre?
Das Kiefergelenk, die umliegende Muskulatur und Nerven sorgen dafür, dass sich der Mund öffnen und schließen lässt. Bei einer Kiefersperre ist dies nicht mehr oder nicht wie gewohnt möglich: Der Unterkiefer renkt sich bei der Mundöffnung teilweise oder komplett aus, verlagert sich nach vorne, blockiert und schiebt sich nicht mehr in die Knochenpfanne am Oberkiefer zurück. Die betroffene Person kann dann den Mund nicht mehr oder nur sehr langsam schließen. Bei einem teilweise ausgerenkten Unterkiefer verschiebt sich dieser zur gesunden Seite hin.
Der Fachbegriff für die Kiefersperre ist die Kiefergelenkluxation. Diese lässt sich kategorisieren nach:
- Reponierbarkeit: Kann die betroffene Person ihren Unterkiefer selbstständig wieder in das Unterkiefergelenk einrenken (reponieren) oder gleitet er von selbst wieder zurück, bezeichnen Fachmenschen dies als eine nicht fixierte Kiefersperre. Ist eine ärztliche Fachkraft dafür nötig, handelt es sich um eine fixierte Kiefergelenkluxation.
- Auftreten im zeitlichen Verlauf: Kiefersperren können durch ihren zeitlichen Verlauf unterschieden werden. Sie können einmal (akzidentell), wiederholt (rezidivierend) oder bei natürlichen Kieferbewegungen (habituell) auftreten, z. B. beim Kauen oder Gähnen.
- Dauer der Sperre: In Abhängigkeit davon, wie schnell bzw. dauerhaft sich der Unterkiefer wieder einrenken lässt, ist die Kiefersperre in akut, chronisch oder langbestehend einteilbar. In letzterem Fall geht die Kiefersperre mit krankhaften Veränderungen am Gelenk einher. Um die Kiefersperre zu beheben, kommen in diesem Fall operative Maßnahmen infrage.
Bei einer Kiefersperre steht der Mund offen, was Trinken, Essen und Reden erschwert oder unmöglich macht. Zudem können Schmerzen auftreten. Ist eine Kiefersperre einmal aufgetreten, kann sie sich wiederholen.
Welche Ursachen können hinter einer Kiefersperre stecken?
Zu einer Kiefersperre kommt es hauptsächlich, wenn die Gelenkköpfe (Kondylen) des Unterkiefers aus den Gelenkpfannen des Oberkiefers rutschen und vor den Gelenkhöckern des Schläfenbeins (Tuberculum articulare ossis temporalis) zum Liegen kommen. Beim Versuch den Mund wieder zu schließen, verhindert die stark angespannte Kiefermuskulatur, dass die Gelenkköpfe über diese Gelenkhöcker hinweg in die Gelenkpfanne zurückgleiten und die Person den Mund schließen kann (fixierte Luxation).
Unterschiedliche Erkrankungen oder Faktoren, die sich wiederum gegenseitig beeinflussen, begünstigen eine Kiefersperre. So kann eine Kiefersperre die Folge sein von:
- Einer genetisch bedingten Kieferfehlstellung, die verhindert, dass die Zähne des Ober- und Unterkiefers bei geschlossenem Mund aufeinander liegen (okkludieren)
- Nächtlichem Zähneknirschen oder -pressen (Bruxismus), der oft durch Stress ausgelöst wird. Auf Dauer kommt es zu einem Gelenkverschleiß (Arthrose), was das Ausrenken des Unterkiefers begünstigt und außerdem zu Zahnschäden führt. Auch Verspannungen in der Kiefermuskulatur sind eine Folge.
- Einer craniomandibulären Dysfunktion, d. h. eine Funktionsstörung des Kiefergelenks unterschiedlicher Ursache
- Zahnfüllungen, die durch ihre hervorstehende Oberfläche den natürlichen Zahnkontakt verhindern (triggernde Okklusionsstörung)<7li>
- Muskelverspannung en im Kieferbereich, die von einer Kieferfehlstellung ausgelöst werden
- Angeborenen oder erworbenen Veränderungen an Bändern und Bindegewebe, die dazu führen, dass das Kiefergelenk sehr dehnbar ist. Begünstigende Bindegewebsstörungen sind das Ehler-Danlos- und das Marfan-Syndrom.
- Fehlenden Zähnen
- Tumoren oder Abszessen im Kieferbereich
Kommt zu diesen Faktoren ein Auslöser hinzu, kann es zu einer Kiefersperre kommen. Dazu zählen unter anderem
- Lachen,
- Gähnen,
- Singen oder
- das Abbeißen z. B. eines großen Apfelstücks
In manchen Fällen ist die Kiefersperre die Folge eines ärztlichen Eingriffes, bei welcher der Mund lange geöffnet sein muss. Zum Beispiel bei:
- Einer längeren zahnärztlichen Behandlung
- Einer endoskopischen Untersuchung wie einer Magenspiegelung
- Einer Operation mit künstlicher Beatmung
Manchmal werden für solche Eingriffe Medikamente eingesetzt, welche die Muskelspannung herabsetzen (Muskelrelaxanzien). Dies kann es der Fachperson erschweren, eine so hervorgerufene Kiefersperre zu erkennen.
Wann ärztlichen Rat einholen bei einer Kiefersperre?
Tritt die Kiefersperre plötzlich auf, ist es wichtig, zeitnah ärztliche Hilfe aufzusuchen. Je länger die Kiefersperre anhält, desto unangenehmer wird es, wenn die ärztliche Fachkraft den Unterkiefer wieder einrenkt. Bis dahin sollte nicht versucht werden, den Mund mit Gewalt zu schließen. Dies könnte die Schmerzen verstärken, Komplikationen fördern oder bleibende Schäden begünstigen.
Wie sehen die Diagnostik und Therapie bei einer Kiefersperre aus?
Bei einer plötzlich auftretenden Kiefersperre ist die hausärztliche, aber auch die fachärztliche Praxis für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde oder Kieferorthopädie die richtige Anlaufstelle. Um die Kiefersperre erfolgreich zu beheben, ist es wichtig, der Ursache auf den Grund zu gehen. Da die Person jedoch nur eingeschränkt in der Lage ist, sich sprachlich zu äußern, wird die Fachperson vor der Erhebung der Krankengeschichte zunächst das Kiefergelenk einrenken. Voraussetzung dafür ist, dass sich ein Knochenbruch durch ein traumatisches Ereignis wie einen Unfall im Bereich des Kopfs ausschließen lässt.
Dazu verabreicht die Fachperson zunächst ein Schmerzmittel. Dann stellt sie sicher, dass der Kopf mit dem ausgerenkten Unterkiefer so gestützt ist, dass er sich beim Einrenkmanöver nicht mitbewegt. Bei diesem wird der Unterkiefer so gegriffen, dass die Daumen der Fachperson auf den Kauflächen liegen und die restlichen Finger den Unterkiefer umfassen. Durch Ziehen nach unten und vorne, lässt sich der Unterkiefer gerade ausrichten, und die Gelenkköpfchen lassen sich in die Gelenkpfanne zurückdrücken. Dieses Manöver wird als Hippokrates-Handgriff bezeichnet. Danach wird das Kiefergelenk in der Regel ruhig gestellt, um ein erneutes Rausrutschen der Kiefergelenksköpfe zu verhindern. Das kann mit einer Schiene geschehen. Liegt die Kiefersperre länger vor oder erfolgt die Einrenkung häufiger, kann eine kurze Vollnarkose nötig sein, um die Schmerzen zu regulieren.
Im weiteren Verlauf der Behandlung gilt es, der Ursache der Kiefersperre auf den Grund zu gehen. Dafür sind Fragen nach bestehenden Kiefergelenkserkrankungen wie eine craniomandibuläre Dysfunktion, Bruxismus oder genetische Erkrankungen möglich. Neben dem Abtasten des Kiefers werden unter Umständen weiterführende Untersuchungen wie bildgebende Verfahren angewendet. Dies geschieht beispielsweise durch eine Röntgenuntersuchung oder eine Magnetresonanztomografie (MRT). Um den Zustand des Gelenks zu beurteilen, können zusätzlich eine Arthroskopie und eine Funktionsanalyse zum Einsatz kommen.
Je nach Ursache wird die Kiefersperre konservativ mit Physiotherapie oder Medikamenten wie Muskelrelaxanzien behandelt, um die verspannte Muskulatur zu lockern. Auch das Spritzen von Botulinumtoxin (Botox ), mit dem die Beweglichkeit der Kiefermuskulatur zeitweise herabgesetzt wird, kann die Beschwerden lindern. Tritt die Kiefersperre wiederholt auf oder ist sie die Folge eines Bruchs, sind operative Maßnahmen möglich. Dann entfernt die ärztliche Fachkraft Knochensplitter und beseitigt die Fehlstellung, indem sie den Unterkiefer wieder in seine natürliche Position schiebt und mit Schrauben oder Platten fixiert.
Was können Sie selbst bei einer Kiefersperre tun?
Je zeitnaher Sie die Kiefersperre behandeln lassen, desto eher ist eine erfolgreiche Behandlung möglich. Versuchen Sie nicht selbst, den Kiefer wieder einzurenken. Sind Ihnen begünstigende Erkrankungen bekannt wie Bruxismus, ist es wichtig, diese behandeln zu lassen, um einer Kiefersperre vorzubeugen. Hilfreich kann es auch sein, die Kiefermuskulatur und -gelenke regelmäßig zu schonen und nur weiche Kost zu sich zu nehmen, besonders, wenn der Kiefer schmerzt. In der Zeit ist es auch wichtig, auf Kaugummikauen zu verzichten, sollte dies zur täglichen Gewohnheit gehören.
Wärmebehandlungen mit warmen Auflagen oder einer Rotlichtlampe entspannen die Muskulatur und lindern die Schmerzen. Unterstützend können Sie die Kiefermuskulatur massieren.
Veröffentlicht am: 10.04.2025
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Quellen:
[1] S3-Leitlinie der Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG). Kiefergelenkluxation. AWMF- Register-Nr. 007-063. Stand 2022. https://register.awmf.org/assets/guidelines/007-063l_S3_Kiefergelenkluxation_2022-08_1.pdf
[2] Pschyrembel. Online. Kieferluxation. https://www.pschyrembel.de/Kieferluxation/K0BNC/doc/
[3] Pschyrembel. Online. Kiefersperre. https://www.pschyrembel.de/Kiefersperre/K03SQ/doc/
[4] Pschyrembel. Online. Okklusionsstörung. https://www.pschyrembel.de/Okklusionsst%C3%B6rung/B13D7/doc/
[5] Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz. Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs. Kiefersperre und Kieferklemme. https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/zaehne/kiefersperre-kieferklemme.html
[6] MSD Manual. Ausgabe für Patienten. Kieferluxation. https://www.msdmanuals.com/de/heim/mund-und-zahnerkrankungen/akute-zahnbeschwerden/kieferluxation
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