Hormontherapie – ein Begriff für verschiedene Therapieansätze

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Zusammenfassung
Eine Hormontherapie lässt sich bei verschiedenen Beschwerden und Erkrankungen einsetzen. Bei den Wirkstoffen handelt es sich um künstliche, körperähnliche Hormone, die entweder einen Hormonmangel beheben oder dafür sorgen sollen, dass weniger Hormone im Körper produziert werden. Es kommen auch andere Wirkstoffe zum Einsatz, die antihormonell wirken. Wie alle Medikamente, löst auch die Hormontherapie Nebenwirkungen aus, die sich aber oft gut in den Griff bekommen lassen.
Was ist eine Hormontherapie?
Mit einer Hormontherapie lassen sich Erkrankungen, die sich auf den Hormonhaushalt auswirken, medikamentös behandeln. Als Hormone werden körpereigene Signal- und Botenstoffe bezeichnet, die im Körper verschiedene Funktionen regulieren wie die Fortpflanzung, das Wachstum sowie den Energie- und Wasserhaushalt. Gebildet werden die Hormone durch vereinzelt im Körper liegende hormonbildende Zellen oder Drüsen, zum Beispiel der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) oder Schilddrüse (Glandula thyroidea).
Kommt es zu einer Störung im Hormonhaushalt, sind durch die daraus folgende Über- oder Unterproduktion von Hormonen verschiedene Beschwerden, aber auch Erkrankungen möglich. Mittels der Hormontherapie lassen sich diese behandeln. Es gibt verschiedene Formen der Hormontherapie: Bei der additiven Form kommen künstlich hergestellte körperähnliche Hormone zum Einsatz – entweder um einen Hormonmangel auszugleichen oder um eine zu hohe Hormonproduktion zu drosseln. Dies ist auch durch die ablative Hormontherapie (Antihormontherapie) möglich. Hier bremsen Arzneistoffe, die chemisch eine ähnliche Struktur aufweisen wie körpereigene Hormone, aber nicht deren Wirkung entfalten, die Produktion dieser Signalstoffe. Zum Beispiel werden Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH)-Analoga (d.h. dem Hormon ähnliche, chemisch hergestellte Stoffe) als Arzneimittel gegen bösartigen Brustkrebs (Mammakarzinom) eingesetzt.
Die Hormontherapie stellt in verschiedenen medizinischen Fachbereichen eine Behandlungsoption dar. Die Dauer einer Hormontherapie hängt von der jeweiligen Erkrankung ab. Manchmal ist sie ein Leben lang nötig.
Wann führt man eine Hormontherapie durch?
Folgende Auswahl an Erkrankungen sind mögliche Gründe für eine Hormontherapie:
- Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose): Hier produziert die Schilddrüse zu wenig Wachstumshormone. Mögliche Beschwerden sind dabei depressive Verstimmungen, Gewichtszunahme, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Muskelschwäche.
- Androgenieserung: Dabei kommt es bei Frauen aufgrund eines Überschusses an männlichen Sexualhormonen beispielsweise zu einer Körperbehaarung, die dem männlichen Verteilungsmuster (Hirsutismus) entspricht. Dabei kann die Behaarung im Gesicht, auf dem Oberkörper, Armen und Beinen stärker sein. Weitere mögliche Folgen sind eine tiefere Stimme, Akne, Haarausfall oder Zyklusstörungen.
- Myome: Dabei handelt es sich um gutartige Wucherungen in der Muskelschicht der Gebärmutter
- Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose), bei der es zu einer Überproduktion von Schilddrüsenhormonen kommt
- Hashimoto-Thyreoiditis, eine chronische Schilddrüsen-Entzündung, die mit Symptomen einer Schilddrüsenunterfunktion oder -überfunktion einhergeht
- Hodenhochstand (Kryptorchismus), wenn ein oder beide Hoden nach der Geburt nicht im Hodensack ertastet werden können.
- Verschiedene hormonabhängige Krebsarten wie Brust-, Schilddrüsen- oder Prostatakrebs
- Diabetes mellitus
- Nebenniereninsuffizienz (zum Beispiel Morbus Addison)
- Knochenschwund (Osteoporose)
- Akromegalie, bei der es durch eine Überproduktion von Wachstumshormonen neben anderen Beschwerden zu einer Wachstumsstörung kommt, die Folge: Vergrößerung der Körperendglieder wie Nase, Hände und Füße.
Jedoch ist nicht immer eine Erkrankung der Grund für eine Hormontherapie. Auch bei Menstruationsbeschwerden (Dysmenorrhoe) wie einer starken Blutung oder dem Wunsch nach einer sicheren Verhütung kommt die Hormontherapie zum Einsatz. In diesen Fällen kann sie entweder in Form der im allgemeinen Sprachgebrauch als (Antibaby-) Pille bezeichneten Tablette oder als Hormonspirale angewendet werden. Auch bei Symptomen wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder Gedächtnisstörungen während der Wechseljahre (Klimakterium) verschreiben Ärzte sie oft. In diesem Fall wird die Behandlung häufiger als Hormonersatztherapie (HRT) bezeichnet.
Auch Menschen, die sich dem bei ihrer Geburt zugewiesenem Geschlecht nicht zugehörig fühlen, können neben den operativen Maßnahmen eine Hormontherapie erhalten, um eine Geschlechtsangleichung zu erreichen.
Was wird bei einer Hormontherapie gemacht?
Einer Hormontherapie gehen ein eingehendes Arztgespräch (Anamnese) über alle körperlichen Beschwerden voraus. Diesem folgt in der Regel eine ausführliche körperliche Untersuchung. Je nachdem, bei welchem Facharzt die Untersuchung stattfindet, kann diese bei Frauen je nach Beschwerden das Abtasten der Brüste, der Scheide oder der Gebärmutter beinhalten; bei Männern des Hodensacks oder der Prostata.
Im Labor lassen sich Blutproben auf Entzündungsquellen im Körper untersuchen. Auch lässt sich so feststellen, ob zu viele oder zu wenige Hormone der Grund für die Beschwerden sind. Zusätzlich unterstützen bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT), Mammographie oder Ultraschall aber auch feingewebliche (histologische) Untersuchungen die Laborergebnisse und damit die Diagnose.
Die Behandlung mit der Hormontherapie richtet sich nach der Erkrankung. Bei einem Insulinmangel, das heißt Diabetes mellitus, kommt neben einer Behandlung mit Metformin auch die Gabe des Hormons Insulin in Frage. Menschen, die mit Akromegalie leben, erhalten eine Hormontherapie, wenn durch eine Operation das hormonbildende Gewebe nicht vollständig entfernt werden konnte. Mithilfe von Medikamenten lässt sich in diesem Fall die überschüssige Produktion des Wachstumshormons Somatotropin drosseln.
Die Antihormontherapie bei Brustkrebs
Bei bösartigen Brusttumoren sind etwa zwei Drittel von weiblichen Geschlechtshormonen wachstumsabhängig, dabei in erster Linie von Östrogen und/oder Progesteron. Nach der Gewebeentnahme (Biopsie) oder einer Operation wird das Gewebe auf Andockstellen (Rezeptoren) für diese weiblichen Hormone untersucht. Sind diese vorhanden, stellt die Antihormontherapie eine Behandlungsoption dar, um das Tumorwachstum zu verhindern. Die Antihormontherapie wirkt, wie die Chemotherapie auch, im gesamten Körper (systemisch). Sie wird auch endokrine Therapie genannt. So lässt sich auch das Wachstum von Tumorzellen, die in andere Körperregionen abgewandert sind, eindämmen und damit Tochtergeschwüre (Metastasen) vermeiden.
Bei einer Antihormontherapie bei Brustkrebs erhalten Frauen vor den Wechseljahren Tamoxifen. Durch diese Anti-Östrogen-Therapie werden die Andockstellen auf dem tumorösen Gewebe blockiert. Da so das Östrogen, das weiterhin vom Körper produziert wird, nicht mehr andocken kann, wird verhindert, dass der Tumor weiterwächst. Auch GnRH-Analoga sind für die Behandlung von Brustkrebs in dieser Lebensphase geeignet. Dieser Wirkstoff wird künstlich hergestellt und ähnelt in seinem Aufbau dem körpereigenen Gonadotropin-Releasing-Hormon. Dieses wird von einem Teil des Gehirns, dem Hypothalamus, produziert und regt in den Eierstöcken die Östrogenproduktion an. Wenn der Wirkstoff im Hypothalamus andockt, drosselt er die GnRH-Produktion. In der Folge sinkt indirekt auch die Produktion des weiblichen Sexualhormons. Dadurch wird das Wachstum von Tumoren behindert, die von diesem abhängig sind.
Setzt die Antihormontherapie bei Brustkrebs nach den Wechseljahren ein, haben die Eierstöcke die Östrogenproduktion eingestellt. Jedoch ist ein bestimmtes Enzym, die Aromatase, im Muskel-, Brust- und Fettgewebe weiterhin aktiv und daran beteiligt, aus Östrogen-Vorstufen das wirksame Hormon in geringen Mengen herzustellen. Wirkstoffe wie Aromatase-Hemmer deaktivieren diese Enzyme und sorgen so dafür, dass die Östrogenproduktion eingestellt wird und somit ein Tumorwachstum verhindert wird.
Für Männer mit Prostatakrebs ist ebenfalls eine Behandlung mit einer Antihormontherapie möglich, dann kommen Antiandrogene zum Einsatz. Diese können entweder verhindern, dass der Körper Androgene (männliche Sexualhormone) bildet oder sie blockieren die Andockstellen für die Hormone auf dem Tumorgewebe. Die Antihormontherapie stellt nur eine von einigen verschiedenen Therapiemöglichkeiten bei Prostatakrebs dar. Ob sie infrage kommt, wird gemeinsam im Arzt-Patienten-Gespräch entschieden.
Interessant zu wissen:
• Antiandrogene setzen Mediziner bei Männern im Rahmen einer Geschlechtsangleichung ein.
• Frauen erhalten Antiandrogene, wenn sie durch einen gestörten Hormonhaushalt mehr männliche Sexualhormone produzieren (Androgenisierung).
• Bei männlichen Sexualstraftätern dämpfen Antiandrogene den Sexualtrieb (chemische/hormonale Kastration), wenn Sozio- und Psychotherapien keinen Erfolg erzielten. Dieser Vorgang ist umkehrbar.
Welche Risiken bestehen bei der Hormontherapie?
Eine Hormontherapie geht mit möglichen Risiken einher. Die Verhütungspille verursacht unter Umständen Nebenwirkungen wie Wassereinlagerungen, Kopfschmerzen oder schmerzhafte Spannungsgefühle in den Brüsten. Für rauchende oder ältere Frauen steigt bei der Einnahme dieser Verhütungsform das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln (Thrombosen). Die Hormonspirale begünstigt Akne, Zwischenblutungen und schmerzhafte Spannungsgefühle in den Brüsten. Auch sind Stimmungsschwankungen möglich.
Bei der Behandlung der Schilddrüsenüberfunktion steigert der Arzt die Hormondosis in kleinen Schritten, bis der Körper sich auf die Hormoneinnahme eingestellt hat und die geeignete Dosis erreicht ist. Wird die Hormondosis zu schnell gesteigert oder versehentlich überdosiert, ähneln die Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion, umfassen also beispielsweise Unruhe oder Herzprobleme.
Die Hormonbehandlung bei Wechseljahresbeschwerden sollte nicht mehr begonnen werden, wenn die Frau älter als 60 Jahre alt ist beziehungsweise, wenn der Beginn der Wechseljahre länger als zehn Jahre zurückliegt, da eventuell erhöhte Risiken für Herz-Kreislauferkrankungen vorliegen. Auch kommt die Hormontherapie nicht infrage, wenn ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs oder Kreislauferkrankungen vorliegt. Allgemein jedoch scheint bei einer mehrjährigen Behandlung das Risiko für eine Brustkrebserkrankung zu steigen, da so eventuell bereits vorhandene Krebszellen zum Wachstum stimuliert werden. Auch steigt das Risiko für venöse oder arterielle Thromboembolien, wenn die Frau vorbelastet ist, zum Beispiel durch Übergewicht oder Fälle von Thrombose in der Vergangenheit beziehungsweise in der Familie. Längere Liegezeiten, wie sie nach einer Operation oder Knochenbrüchen vorkommen, begünstigen unter der Hormontherapie ebenfalls Thrombosen.
Die Antihormontherapie bei Brustkrebs werden im Vergleich zu Chemotherapien häufig als besser verträglich empfunden. In der Regel dauert die Behandlung über fünf Jahre oder länger an und damit auch die möglichen Nebenwirkungen: Schweißausbrüche, Hitzewallungen und Haarausfall. Zudem sind trockene Schleimhäute in Mund, Nase und auch im Vaginalbereich möglich. Zudem erhöhen die Aromatase-Hemmer das Risiko für eine Osteoporose und begünstigen Gelenk- und Muskelbeschwerden. Eine häufige Nebenwirkung ist die Fatigue, eine stark ausgeprägte Müdigkeit.
Was ist bei einer Hormontherapie zu beachten?
Allgemein ist es wichtig, die verschriebenen Hormone regelmäßig und wie vom Arzt verordnet einzunehmen und eventuell auftretende Nebenwirkungen anzusprechen. Eine umfassende Aufklärung vor Therapiebeginn durch den behandelnden Arzt ist wichtig.
Einige Nebenwirkungen der Antihormontherapie bei Krebserkrankungen können z.B. durch Sport gemildert werden. Besonders wenn der Patient mit Ausdauersport zu Beginn der Hormontherapie beginnt, lässt sich die Fatigue dadurch stark eindämmen und die Knochendichte erhalten. In Bezug auf den Erhalt der Knochendichte allerdings sollte die jeweilige Sportart an die eigenen Bedürfnisse angepasst und mit dem Arzt abgesprochen sein, da nicht jede Sportart gleich effektiv ist.
Veröffentlicht am: 05.02.2024
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Quellen
[1] Onko-Internetportal. Antihormonelle Therapie bei Brustkrebs. https://www.krebsgesellschaft.de/onko-internetportal/basis-informationen-krebs/krebsarten/brustkrebs/therapie/hormontherapie.html
[2] Frauenärzte im Netz. Hormonersatztherapie – Hormone in den Wechseljahren. https://www.frauenaerzte-im-netz.de/koerper-sexualitaet/wechseljahre-klimakterium/hormonersatztherapie-hrt/
[3] Ärzte-Zeitung. Bewegung schützt vor Folgen einer Hormontherapie bei Krebs. https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Bewegung-schuetzt-vor-Folgen-einer-Hormontherapie-bei-Krebs-224244.html
[4] Gesundheitsinformation.de Myome der Gebärmutter. https://www.gesundheitsinformation.de/wann-kommt-eine-hormonbehandlung-infrage.html
[5] Internisten im Netz. Schilddrüsenunterfunktion: Therapie & Tipps. https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/schilddruesenunterfunktion/therapie-tipps-fuer-patienten.html
[6] Pschyrembel. Hormontherapie. https://www.pschyrembel.de/Hormontherapie/K0RNM
[7] Pschyrembel. Antihormonelle Therapie. https://www.pschyrembel.de/Antihormonale%20Therapie/K0MEM
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