Psychoanalyse – der Vergangenheit auf der Spur

Schnelleinstieg in unsere Themen
Zusammenfassung
Unter Psychoanalyse versteht man verschiedene Therapieverfahren, die neben anderen Verfahren wie der Verhaltenstherapie bei psychischen Krankheiten eingesetzt werden können. Die psychoanalytischen Verfahren haben sich aus der Theorie entwickelt, dass die psychischen Beschwerden durch belastende Erfahrungen in Kindheit oder Jugend entstehen. Therapeut und Patient erarbeiten im gemeinsamen Gespräch Lösungen, um mit diesen nicht verarbeiteten Konflikten besser umgehen zu können.
Was ist Psychoanalyse?
Der Begriff Psychoanalyse fasst als Überbegriff verschiedene Methoden zur Untersuchung und Therapie psychischer Krankheiten zusammen, die auf bestimmten Annahmen (Theorien) beruhen. Dabei stehen das Unbewusste und die seelische Entwicklung eines Menschen im Vordergrund. Der Neurologe Siegmund Freud erforschte die Grundlagen der klassischen Psychoanalyse im 19. Jahrhundert. Freud stellte die Theorie auf, psychische Störungen seien ein Ausdruck von nicht verarbeiteten Konflikten aus der Kindheit. Mithilfe des Therapeuten können diese prägenden Erlebnisse zunächst wieder ins Bewusstsein gelangen und anschließend aufgearbeitet werden.
Aus der klassischen Psychoanalyse haben sich im Laufe der Jahre viele verschiedene Richtungen entwickelt. Unter psychoanalytischen Verfahren versteht man heute die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die analytische Psychotherapie.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie:
Wie in der klassischen Psychoanalyse geht es auch hier um nicht verarbeitete Konflikte aus der Vergangenheit. Allerdings wird bei der der tiefenpsychologisch fundierten Therapie besonders der Bezug des Erlebten auf das Hier und Jetzt erarbeitet. Dabei wird der Fokus auf einen bestimmten, aktuellen Problembereich gesetzt.
Analytische Psychotherapie:
In dieser Form der Psychotherapie geht es noch stärker um die Auseinandersetzung mit den inneren Konflikten aus der Kindheit und Jugend des Patienten, die als Ursache für die psychische Erkrankung angesehen werden. In der Wechselbeziehung zwischen Patient und Therapeut sollen diese ungelösten Konflikte ans Licht kommen. Oft deckt der Therapeut im Gespräch mit dem Patienten sich wiederholende Verhaltensmuster auf. Das Bewusstsein über diese oft belastenden Verhaltensweisen kann dabei helfen, sie zu durchbrechen und neue Wege zu gehen.
Eine klassische Psychoanalyse nach den Theorien von Freud wird in der Form heutzutage eher selten durchgeführt. Sie bildet aber dennoch die Grundlage für viele moderne Psychotherapieverfahren.
Gut zu wissen:
Psychotherapeuten unterliegen der Schweigepflicht (§ 203 Strafgesetzbuch). Alles, was Sie mit Ihrem Therapeuten besprechen, bleibt also unter Ihnen und darf ohne Ihr Einverständnis weder an Angehörige noch an den Arbeitgeber weitergegeben werden.
Wann wird die Psychoanalyse eingesetzt?
Die Psychoanalyse wird bei verschiedenen körperlichen Beschwerden, für die es keine organische Ursache gibt (somatoforme Störungen; früher: Neurosen) und bei verschiedenen Persönlichkeitsstörungen eingesetzt. Unter einer Persönlichkeitsstörung versteht man langanhaltende Auffälligkeiten im Denken und Handeln eines Menschen, die zu Problemen im sozialen und beruflichen Leben führen. Die Wirksamkeit tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie ist zum Beispiel bei akuten Depressionen, Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS), Panikstörungen sowie der Borderline-Persönlichkeitsstörung nachgewiesen worden. Die Analytische Psychotherapie (AP) wird eher bei Krankheitsbildern wie Angststörungen und Zwangserkrankungen, aber auch bei seit sehr langer Zeit bestehenden Persönlichkeitsstörungen eingesetzt.
Wie wird die Psychoanalyse angewendet?
Bei der Psychoanalyse findet immer ein Gespräch zwischen dem Therapeuten und dem Patienten statt. Dabei spricht der Patient über seine Gedanken, Gefühle, Probleme und Wünsche. Durch das Ausdrücken der Gefühle in Worte ist es möglich, bisher Unbewusstes bewusst wahrzunehmen. Gemeinsam mit dem Therapeuten können anschließend veränderte Denk- und Verhaltensweisen eingeübt werden, die dem Patienten helfen sollen, mit Problemen und Belastungen umzugehen. Die krank machenden, ungelösten Konflikte aus Kindheit und Jugend sollen in der Therapie aufgedeckt und idealerweise aufgelöst werden.
Bei der Psychotherapie unterscheidet man zwischen Kurzzeit- und Langzeittherapien. Letztere können über mehrere Jahre laufen. Meist wird die Therapie in mehreren Sitzungen pro Woche durchgeführt, die Anzahl der Sitzungen wird dabei individuell abgestimmt. Die Psychotherapie wird oft im Einzelgespräch, aber in einigen Fällen auch in Gruppensitzungen durchgeführt.
Generell ist für den Erfolg der Psychotherapie eine stabile Beziehung zwischen Patient und Therapeut besonders wichtig. Daher werden die ersten Therapiewochen unter anderem dafür genutzt, ein Vertrauensverhältnis zueinander aufzubauen. Zu Beginn kann der Patient bis zu vier Probesitzungen in Anspruch nehmen, bei denen ein erstes Kennenlernen stattfindet. Außerdem wird das geeignete Therapieverfahren festgelegt und ein Behandlungsplan erstellt. Stimmt die Chemie zwischen Patient und Therapeut, kann die eigentliche Therapie beginnen.
Wie finde ich einen Psychotherapeuten?
Um einen Psychotherapeuten zu finden, können Sie sich an die Psychotherapeutenkammern der Bundesländer wenden. Hier sind nur entsprechend ausgebildete Therapeuten verzeichnet. Außerdem gibt es die Möglichkeit, über die Arztsuche der Kassenärztlichen Vereinigung an Adressen von Psychotherapie Praxen zu gelangen. Sie brauchen für die Erstgespräche weder eine Überweisung noch einen genehmigten Antrag. Meistens kann Ihnen auch Ihre Hausarztpraxis eine Liste mit Adressen von Therapeuten in Ihrer Nähe geben.
Welche Risiken bestehen bei der Psychoanalyse?
Eine Therapie mit psychoanalytischen Verfahren birgt einige Risiken. Es kann beispielsweise eine Verschlechterung oder Ausweitung der Symptome auftreten. In einigen Fällen kann es sich dabei um einen Teil des Therapieprozesses handeln. Der Erfolg oder Misserfolg einer Therapie hängt stark von den Zielen und Erwartungen des Patienten ab. Aus dem Grund sollten diese immer vor der Behandlung mit dem Therapeuten abgesprochen werden.
Durch das Aufbrechen von lang einstudierten Verhaltensmustern kann es zu Veränderungen im sozialen und beruflichen Umfeld des Patienten kommen.
Zudem sind Schäden des Patienten durch Behandlungsfehler möglich. Sollten Sie bemerken, dass die Therapie sich belastend und negativ auf Sie auswirkt, sprechen Sie umgehend Ihren Therapeuten darauf an.
Wann sollte die Psychoanalyse nicht eingesetzt werden?
Unter anderem bei den folgenden Symptomen ist eine Psychoanalyse nicht ohne eine individuelle Beurteilung eines Psychotherapeuten zu empfehlen:
- Starker Rückfall in kindliche Verhaltensweisen als psychischer Abwehrmechanismus (Regression)
- Keine klare Trennung zwischen Realität und Vorstellung
- Schizophrenie
- Schwere Depression
- Drogenabhängigkeit
- Generalisierte Angststörung, das heißt extreme, unkontrollierbare Ängste in vielen verschiedenen Lebensbereichen
Wer trägt die Kosten für eine Psychoanalyse?
Die Kosten für eine Behandlung in Form einer tiefenpsychologisch fundierten oder analytischen Psychotherapie werden in Deutschland von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Dafür wird ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt. Zunächst können aber bis zu vier Probesitzungen wahrgenommen werden, ohne dass ein Antrag gestellt werden muss. Die Behandlung ist auf eine bestimmte Stundenanzahl begrenzt, kann aber bei Bedarf verlängert werden.
Veröffentlicht am: 24.11.2023
Das könnte Sie auch interessieren
Quellen
[1]: Richtlinie des Gemeinsamen Bundesauschusses über die Durchführung der Psychotherapie (Stand: 18.02.2021). https://www.g-ba.de/downloads/62-492-2400/PT-RL_2020-11-20_iK-2021-02-18.pdf
[2]: Pschyrembel Online: Psychoanalyse (Stand: 04/2020). https://www.pschyrembel.de/Psychoanalyse/K0J1G
[3]: Neurologen und Psychiater im Netz: Psychotherapie. https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/therapie/psychotherapie/
[4]: Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK): Wege zur Psychotherapie https://www.wege-zur-psychotherapie.org/
[5]: Deutsche Psychoanalytische Vereinigung (DPV) e.V.: Was ist Psychoanalyse. https://www.dpv-psa.de/service/infos-fuer-patienten/was-ist-psychoanalyse
[6]: gesund.bund.de in Zusammenarbeit mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) (Stand: 24.01.2022): Generalisierte Angststörung https://gesund.bund.de/generalisierte-angststoerung
Unsere Qualitätssicherung

„Die Beratung und Information unserer Kunden liegt uns besonders am Herzen: Mit dem Ratgeber erhalten Sie kompaktes Apotheker-Wissen zu vielen Gesundheitsthemen – recherchiert und geschrieben von unserem Experten-Team."
Als leitende Apothekerin steht Theresa Holler mit Ihrem großen Apotheker-Team hinter unseren Ratgebern. Hier erhalten Sie immer fundiertes Wissen zu vielen verschiedenen Gesundheitsthemen. Mit dem Ratgeber von SHOP APOTHEKE können Sie sich nicht nur schnell über verschiedene Themen informieren, Sie erhalten außerdem wichtige Apotheker-Tipps zu bewährten Arzneimitteln.