Überblick: Die Geschichte der gematik und der TI

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2002 bis 2011
Erste Pläne zur Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems gab es bereits zur Jahrtausendwende, ausgelöst durch den Lipobay-Skandal. Der Pharmakonzern Bayer musste damals das Medikament Lipobay vom Markt nehmen, da Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln weltweit zu mehr als 50 Todesfällen geführt hatten. 2002 entstand seitens der Spitzenverbände des deutschen Gesundheitswesens daraufhin der Plan, eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) einzuführen, um die Medikamenteneinnahme jedes Patienten besser zu dokumentieren und sicherer zu machen. Mit dem im Jahr 2004 beschlossenen Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung wurde die Einführung der eGK für das Jahr 2006 offiziell beschlossen. Das gleiche Gesetz sah die Einführung der Telematikinfrastruktur sowie die Gründung der Betriebsgesellschaft gematik vor, die 2005 erfolgte. Tatsächlich ausgegeben wurde die erste Generation der eGK allerdings erst im Jahr 2011. Ihr folgten später die Generation G1+ sowie G2. Im Gegensatz zur vorherigen Krankenversichertenkarte besaß die eGK der ersten Generation bereits ein Lichtbild, andere Funktionen waren aber noch nicht enthalten.
2016 bis 2017
Auftrieb bekam die Digitalisierung des deutschen Gesundheitssystems aber vor allem ab 2016 mit der Einführung des E-Health-Gesetzes. Hierin wurden unter anderem die verschiedenen Funktionen der eGK festgelegt, die sogenannten Fachanwendungen.
2017 bis 2018
Als Erstanwendung der eGK war das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) geplant. Niedergelassene Ärzte wurden verpflichtet, ihre Praxis bis zum Sommer 2018 an die Telematikinfrastruktur anzubinden und das VSDM einzuführen. Die Frist wurde jedoch zweimal verschoben und endete letztlich im Sommer 2019. Zudem verlor 2017 die eGK der ersten Generation ihre Gültigkeit. Die neueren Generationen G1+ und G2 ermöglichten erstmalig den Online-Abgleich der Versichertenstammdaten. Ende 2017 zertifizierte die gematik den ersten Konnektor und das erste Kartenterminal für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur, der 2018 weitere Geräte und Softwarelösungen folgten.
2019 bis 2020
2019 beschloss der Deutsche Bundestag die Übernahme von 51 % der gematik-Anteile. Seit ihrer Gründung hatte sich die gematik immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert gesehen, ihre Aufgaben nicht effektiv zu erledigen. Problematisch waren vor allem die Selbstverwaltung der gematik und die miteinander in Konflikt stehenden Interessen der Gesellschafter, die die gematik nahezu beschlussunfähig machten. Mit der Übernahme der mehrheitlichen gematik-Anteile kann der Bund seit 2019 auch eigenständig Mehrheitsentscheidungen treffen.
Außerdem wurde festgelegt, dass ab 2021 der Zugang zur Patientenakte per Smartphone möglich sein soll. Die gematik benannte sich in „Gematik GmbH“ um und setzte ihren Fokus neben der eGK nun auch auf die Digitalisierung des Gesundheitswesens im Allgemeinen. Um es Patienten zu ermöglichen, digitale Angebote schnell und flächendeckend zu nutzen, trat Anfang 2020 das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) in Kraft. Apotheken und Krankenhäuser waren damit hiermit verpflichtet, sich bis September bzw. Dezember 2020 an die Telematikinfrastruktur anzubinden. Außerdem beschloss die Bundesregierung das Patientendaten-Schutz-Gesetz (PDSG), das die Nutzung digitaler Angebote (z. B. elektronische Patientenakte und E-Rezept) regelt und Vorgaben zum Schutz der Patientendaten und zu Haftungsfragen enthält.
2021 bis 2022
Die Corona-Pandemie beflügelte den Ausbau von digitalen Anwendungen, die von der gematik bereitgestellt werden sowie die Bereitschaft der Bürger, die Vorteile zu erkennen und die Anwendungen – nach Möglichkeit - zu nutzen.
Die Zahl der medizinischen Einrichtungen, die an der Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen sind, ist stark angestiegen. In Zukunft können immer mehr Nutzergruppen an die TI angeschlossen werden, Reha- und Vorsorgeeinrichtungen, Pflegeheime und -dienste, physiotherapeutische Praxen, Geburtshilfe und Gesundheitsämter gehören dazu. Diese sehen ebenfalls den Vorteil der standardisierten Bereitstellung der Patientendaten sowie den sicheren und schnellen Austausch.
Nun steht der Ausbau der TI 2.0 an, die schlanker, schneller und mobiler sein soll mit den gleichbleibenden hohen Sicherheitsstandards.
2023 bis 2025
Im Dezember 2023 beschloss der Deutsche Bundestags zwei neue Gesetze zur Digitalisierung im Gesundheitswesen welches Anfang 2024 in Kraft getreten ist. Das Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (DigiG) enthält Regelungen zur Opt-Out-ePA sowie zur Weiterentwicklung des elektronischen Medikationsplans (eMP) sowie der elektronischen Patientenakte (ePA) und des E-Rezepts. Zum Januar 2024 wurde mit der Einführung des E-Rezepts begonnen. Eine stetige Weiterentwicklung in diesem Bereich ist laut DigiG vorgesehen. Das Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (GDNG) wurde eingeführt, um die Nutzung der Gesundheitsdaten, wie die elektronische Patientenakte, zu erleichtern. Die ePA soll Anfang 2025 für alle gesetzlich Versicherten eingerichtet werden. Sollten Patienten und Patientinnen diese nicht nutzen wollen, können sie widersprechen (Opt-Out). Für privat Versicherte kann ein Widerspruch ebenfalls durch Unternehmen der PKV angeboten werden.
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sollen tiefer in Versorgungsprozesse integriert und ihr Einsatz transparent gemacht werden. Der Digitalbeirat soll künftig die gematik bei all ihren Festlegungen mit ausgewogenen Empfehlungen zu Fragen des Datenschutzes, der Datensicherheit, der Datennutzung und der Anwenderfreundlichkeit beraten.
Veröffentlicht am: 28.03.2021
Letzte Aktualisierung: 01.03.2024
Quellen
Digitalisierung im Gesundheitswesen. Bundesministerium für Gesundheit. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/digitalisierung/digitalisierung-im-gesundheitswesen.html
Die Anfänge der Telematikinfrastruktur. thevea. https://thevea.de/telematikinfrastruktur/zeitplan/
Gematik. https://www.gematik.de
Gematik. TI-Atlas 2021. https://www.gematik.de/media/gematik/Medien/Telematikinfrastruktur/Dokumente/gematik_TI-Atlas_web_202111_.pdf
Gematik. TI-Atlas 2022. https://www.gematik.de/media/gematik/Medien/Telematikinfrastruktur/Dokumente/gematik_Ti_Atlas_2022_web.pdf
Corona-Schub für E-Health. Tagesschau. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/e-health-corona-101.html
https://magazin.digitales-gesundheitswesen.de/telematikinfrastruktur-chronik/
Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG) Die wichtigsten Inhalte https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/gesetze-und-verordnungen/guv-20-lp/digig